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Foto: APA/Roland Schlager

Ohne den österreichischen Beamten geht gar nichts. In der Verwaltung sowieso nicht. Aber auch nicht im ÖGB: Man weiß im rot dominierten Gewerkschaftsbund sehr wohl, dass es die Regierung wenig kratzt, wenn ein Bankangestellter oder ein Metallergeselle streiken - wenn aber die Beamten auch nur "Dienst nach Vorschrift" machen, spürt die Regierung das unmittelbar. Von einem Beamtenstreik ganz zu schweigen.

Der Mann, der das in der Hand hat, weckt entsprechend starke Emotionen: Fritz Neugebauer, der Neinsager. ÖVP-Mitglied, aber schon seit Jahren nicht mehr auf Kurs. Dennoch wieder im Nationalrat - als Signal der ÖVP-Spitze an die Beamten und die Sozialpartnerschaft. Soweit er es jetzt abschätzen kann, wird er sein Mandat dazu nutzen, gegen Wolfgang Schüssels Pensionssicherungsreform zu stimmen - gemeinsam mit Gewerkschaftsbundpräsident Fritz Verzetnitsch von der SPÖ-Fraktion. Derzeit ist Gewerkschafter Neugebauer nach eigenem Bekunden dabei, im ÖVP-Klub noch mehr Volksvertreter zu finden, die gegen die Regierung stimmen.

Das hat er in der Schule gelernt, sagt Neugebauer. Als er Lehrer war: Da hing neben dem Bild des Bundespräsidenten der Artikel I der Bundesverfassung: "Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volke aus." Und nicht von der Regierung, wie Neugebauer betont.

Der 1944 geborene Christgewerkschafter begann seine Laufbahn 22-jährig als Hauptschullehrer, engagierte sich als Personalvertreter und stieg 1991 zum Chef der christlichsozialen Fraktion im ÖGB und zum ÖGB-Vizepräsidenten auf. Sechs Jahre später wurde er auch Chef der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) und damit oberster Verhandler der Beamten. Stets verbindlich, in den Umgangsformen wie in der Sache - aber ohne Scheu, Nein zu sagen, wenn er etwas für "seine" Beamten für unzumutbar hält.

Und das war in den letzten Jahren immer wieder der Fall. Neugebauer hat dann eben noch einmal und noch einmal verhandelt. Und schließlich immer mehr herausgeholt, als die Dienstgeberseite mit Blick auf die stets leeren Kassen herausrücken wollte.

Aber auch weniger, als er meint, dass den Staatsdienern eigentlich zustünde. Das ist zum einen die gut sozialpartnerschaftliche Kompromissfähigkeit, die Neugebauer hochhält, auch wenn sie in den letzten Jahren allgemein nicht hoch im Kurs gestanden ist. Zum anderen steht bei Neugebauer auch der dem treuen Beamten eigene Blick auf das Staatsganze dahinter: Das dürfe nicht gefährdet werden.

Nicht durch die Beamten selbst. Aber eben auch nicht durch die Regierung, mit der Neugebauer kommende Woche um eine Nachzahlung verhandelt, die er vor zweieinhalb Jahren mit Blick aufs Staatsganze aufgeschoben hat. (Conrad Seidl/DER STANDARD, Printausgabe, 19./20./21.4.2003)