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Die mutmaßlichen Preisabsprachen betreffen den Transport von Stückgut in den Jahren 1994 bis 2007.

Foto: AP/Eckehard Schulz
Grafik: STANDARD

Wien - Mehr als 40 österreichische Spediteure haben sich über einen Zeitraum von fast 14 Jahren bei Stückgut, Palettentransporten und Sammelladungsverkehren offenbar abgesprochen. Durch überhöhte Preise seien Industrie- und Gewerbekunden in noch nicht quantifizierbarem Ausmaß geschädigt worden, gab die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) am Donnerstag bekannt. "Wir vermuten einen schweren Verstoß gegen das europäische Wettbewerbsrecht" , sagte ein BWB-Sprecher dem STANDARD.

Die BWB, die inzwischen das Kartellgericht eingeschaltet hat, recherchiert seit 2007. Dem Vernehmen nach hat ein Mitarbeiter der zur Deutschen Bahn gehörenden Spedition Schenker die Sache ins Rollen gebracht, indem er sich der BWB als Kronzeuge angeboten und (gegen Zusicherung von Straffreiheit) ausgepackt hat.

Zeitraum von 1994 bis 2007

Die Absprachen, in die alle namhaften Marktteilnehmer verwickelt waren, erfolgten im Zeitraum 1994 bis 2007 und sollen quasi institutionalisiert gewesen sein. Laut BWB gab es ein eigenes Gremium, das im Zentralverband der Spediteure angesiedelt war, "Speditions Sammellager Konferenz" hieß und in unregelmäßigen Abständen tagte. Anders als bei den schon vor Jahren aufgeflogenen Zinsabsprachen der Banker (Lombard-Klub), die sich im Wiener Hotel Bristol trafen, setzten sich die Spediteure an unterschiedlichen Orten zusammen.

Teil des Kartells soll auch die Güterverkehrssparte der ÖBB gewesen sein, allerdings zu einem späteren Zeitpunkt. Mit dem Einstieg in den Straßengüterverkehr ab Mitte der 1990er-Jahre baute Rail Cargo Austria (RCA) über Zukäufe ein umfangreiches Speditions- und Logistik-Netzwerk auf. Seither gehören Unternehmen wie Schier-Otten, Speditionsholding etc. zum ÖBB-Reich. Nach Recherchen der BWB haben die Spediteure ab 1999 auch mit Schienenverkehrsunternehmen Absprachen getroffen.

Kunden aufgeteilt

"Auch wurde abgesprochen, wer welche Kunden erhält", so der Vorwurf der Behörde, der in der Branche erwartungsgemäß vehement zurückgewiesen wird. Beim Zentralverband der Spediteure streitet man gar nicht ab, dass es ein Kartell gegeben hat. "Wir haben das Kartell beim EU-Beitritt Österreichs ordnungsgemäß angezeigt und haben auch ein Gutachten, das zeigt, dass alles seine Ordnung hat", sagte der Geschäftsführer des Zentralverbands, Andreas Demmer. Unter dem Dach der Lobbyingorganisation sind aktuell 192 private Spediteure organisiert, die in Summe rund 14.000 Mitarbeiter beschäftigen.

Da Bagatellekartelle auch vor 2005 nie angemeldet werden mussten (sie werden bei der BWB angezeigt und von ihr regelmäßig beobachtet), sorgt diese Argumentation unter Kartellrechtsexperten für Schmunzeln. Denn der Genehmigung durch das Kartellgericht bedurften auch nach altem Wettbewerbsrecht nur größere Kartelle und zwar für jeweils drei Jahre. Die dafür notwendigen Gutachten erstellte die mit Sozialpartnern besetzte Paritätische Kommission - die Entscheidungen waren also nicht unpolitisch.

Kurzgeschlossen haben sich die Spediteure offenbar auch bei der Lkw-Maut. Die Rede ist von "unverbindlichen Verbandsempfehlungen" der Frächter betreffend die Weiterverrechnung der Lkw-Maut an die Endkunden. Betroffene Unternehmen gaben sich am Donnerstag zugeknöpft. "Die Unterlagen sind uns zugestellt worden, zum laufenden Verfahren können wir nichts sagen" , sagten diverse Sprecher von Gebrüder Weiss bis Rail Cargo Austria. (Luise Ungerboeck, Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.3.2010)