Bild nicht mehr verfügbar.

Das Ziel der Regierung ist es, dass Väter stärker in die Kinderbetreuung einbezogen werden. Ob das mit Hilfe des Einkommensabhängigen Kindergeldes gelingt, wird sich in 14 Monaten weisen.

AP Photo/Winfried Rothermel

Am Vormittag mit dem Kind beim Arzt, am Nachmittag auf dem Spielplatz und danach noch in den Supermarkt, um die Familieneinkäufe zu erledigen. Was meistens noch Aufgabe der Mütter ist, soll in Zukunft auch die Väter betreffen. Die Regierung hat sich vorgenommen, Maßnahmen zu setzen, damit Väter stärker in die Kindererziehung einbezogen werden. Familien sollen nach der Geburt neue Möglichkeiten erhalten, Beruf und Familie besser zu vereinbaren. Das wurde im November 2008 auch im Regierungsprogramm festgehalten

Geld vom Einkommen abhängig

Ein Jahr später gibt es für Eltern nun die Möglichkeit, das Modell des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes zu wählen: Man erhält dabei 12 Monate lang (14 Monate, wenn sich auch der Vater beteiligt) 80 Prozent des bisherigen Nettolohns. Familienstaatssekretärin Christine Marek (ÖVP) und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) versprechen sich davon, dass auch mehr Männer in Karenz gehen, weil dieses Modell weniger finanzielle Einbußen bedeutet. Als Ziel wurden 20 Prozent Männerbeteiligung genannt.

Im Jänner, dem erstmöglichen Bezugsmonat, machten 354 Personen vom neuen Modell Gebrauch, darunter neun Männer. Insgesamt wählten neun Prozent aller Kindergeldbezieher das Einkommensabhängige Kindergeld. Zusätzlich existieren noch die alten Varianten mit teilweise längerer Bezugsdauer. (siehe Statistik zum Download) Die meisten Bezieher des neuen Modells kommen aus Wien, gefolgt von Oberösterreich und Niederösterreich. Im Burgenland gibt es vorerst den geringsten Bedarf am einkommensabhängigen Kindergeld: Nur 11 Personen haben es beantragt. 

Neun Männer 

Rückschlüsse darauf, ob das neue Modell das Ziel der erhöhten Väterbeteiligung bereits erfüllt, will man im Familienstaatssekretariat vorerst noch keine zulassen. Angelika Schätz, die Kabinettschefin von Christine Marek, sagt, die neun Prozent, die sich für dieses Modell entschieden haben, seien "nicht erschreckend, im Gegenteil". Sie bewertet es positiv, auch dass darunter nur neun Männer sind, sieht sie nicht als Niederlage. Die tatsächliche Beteiligung der Väter könne man sich erst nach 14 Monaten näher anschauen, weil die meisten Väter erst am Ende der Bezugszeit in Karenz gehen, so Schätz.

Mängel im System

Ingrid Moritz von der Arbeiterkammer sieht dennoch jetzt schon Mängel im System. Die Arbeiterkammer sei in den letzten Monaten mit vielen Anfragen konfrontiert worden, sagt sie im Gespräch mit derStandard.at. Oft herrscht Unklarheit, welches der verschiedenen Kindergeldmodelle das beste für die jeweiligen Bezugsberechtigten sei, sagt Moritz. Die Mütter und Väter hätten gerne entsprechende Berechnungen von der Arbeiterkammer, die diese aber aus Zeitgründen nicht durchführen kann.

Für derStandard.at fasst Moritz die häufigsten Anfragen, Beobachten bzw. Beschwerden zusammen:

  • Für das einkommensabhängige Kindergeld ist eine Bezugsdauer von 12 (+2) Monaten vorgesehen. Mütter würden sich oft für das Modell entscheiden, dann aber trotzdem zwei Jahre zu Hause bleiben. "Es ist ökonomisch anscheinend besser als die Modelle mit längerer Bezugsdauer", sagt Moritz, obwohl man nach den 12 bzw. 14 Monaten überhaupt kein Geld mehr bekommt. "Dafür ist das Modell eigentlich nicht gedacht", so Moritz.
  • Das Interesse an der partnerschaftlichen Teilung der Karenzzeit steigt. Meistens würden sich die Väter aber lediglich für zwei Monate der Zeit interessieren. 
  • Ein Problem besteht laut Moritz weil die Mutter, wenn auch der Vater in Karenz geht, nach den 12 Monaten wieder Vollzeit in den Beruf einsteigen muss. In Elternteilzeit zu gehen, sei nicht möglich, nur in richtige Teilzeit. Bei letzterer ist aber der Kündigungsschutz geringer.
  • Personen, die zwar lange Jahre gearbeitet haben, aber vor dem Karenzantritt sechs Monate lang arbeitslos waren, fallen aus dem System.
  • Auch die Zuverdienstgrenze ist ein Thema, so Moritz. Beim Einkommensabhängigen Kindergeld darf man nicht mehr als 357 Euro pro Monat dazuverdienen. Dadurch, dass bei der einkommensabhängigen Variante aber ohnehin 80 Prozent des Nettolohns ausbezahlt werden, sei der "ökonomische Druck" noch etwas dazuzuverdienen, nicht so hoch.

Transferkonto-Erfinder gegen Zuverdienstgrenze

Die Zuverdienstgrenze war im Vorfeld viel diskutiert worden. Der Verfassungsgerichtshof befand im Sommer, dass die Regelung "vielleicht kompliziert, aber nicht verfassungswidrig" sei. Aber es gibt nach wie vor Kritiker. Zum Beispiel der Grazer Wissenschafter Franz Prettenthaler, der zuletzt den Vorschlag des Transferkontos für die ÖVP erarbeitet hatte. Er nennt im Gespräch mit derStandard.at Vorteile bei der Aufhebung der Zuverdienstgrenze. Zwar sei es vom Gesetzgeber "legitim" eine solche Gesetzesregelung einzuführen, aber gäbe es die Zuverdienstgrenze nicht, würden mehr Männer in Karenz gehen, ist Prettenthaler überzeugt: "Alles, was mehr Flexibilität ermöglicht, ist besser dafür geeignet, das Ziel der höheren Männerbeteiligung zu erreichen."

ÖVP-Staatssekretärin Marek denkt aber nicht daran, die Zuverdienstgrenzen aufzuheben: Man will sich jetzt erst einmal 14 Monate Zeit lassen, dann das Einkommensabhängige Kindergeld evaluieren und schauen, ob man der 20-prozentigen Männerbeteiligung näher gekommen ist, sagt Mareks Kabinettschefin Schätz: "Die Welt wird nicht untergehen, wenn nach den ersten 14 Monate dieser Wert nicht erreicht wird." Schließlich handle es sich dabei um ein mittelfristiges Ziel. (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 18.2.2010)