Als er im April 2007 nach Tirol flüchtete, wurde er sofort in Schubhaft genommen. Österreichs Fremdenpolizei teilte auch seiner Lebensgefährtin mit, sie und ihre Tochter würden notfalls von den österreichischen Behörden nach Serbien zurückgebracht werden, falls sie dies nicht freiwillig tun.

Doch der gelernte Verkehrstechniker und seine Familie hatten Angst, wieder in ihrer Heimatstadt Sid, einer Hochburg der serbischen Nationalisten an der kroatischen Grenze, zu leben. Nachdem Mirilo und zwei Mitglieder der berüchtigten Sondereinheit "Skorpione" Ende 2004 die serbische Menschenrechtlerin Natasa Kandiæ getroffen und ihr ein Video gezeigt hatten, das erstmals die brutale Erschießung von wehrlosen Bosniaken dokumentierte, war klar, dass sein Leben eine Wendung nehmen würde. Denn das Video war im Juli 1995 während des Massakers von Srebrenica aufgenommen worden, als bosnisch-serbische Einheiten tausende bosnische Muslime in einer vorbereiteten und gezielten Aktion ermordeten. Für das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag war das Video ein unbezahlbarer Beweis.

Als es im Sommer 2005 im serbischen Fernsehen ausgestrahlt wurde, wirkte es wie die Fortsetzung der Revolution des Jahres 2000. Serbien wurde der Spiegel vorgehalten. Leugnen hatte keinen Sinn mehr. Und Mirilo hatte seinen Anteil daran. Von der einen Seite wurde er dafür gelobt, in seiner Heimatstadt auch angepöbelt und bedroht.

Bereits 2005 flüchtete er kurz nach Österreich, kehrte aber wieder zurück. 2007, vor Beginn des Prozesses gegen die "Skorpione", wurde er darüber informiert, dass auf ihn ein Kopfgeld von 50.000 Euro ausgesetzt worden war. Auf Facebook drohte ihm eine Gruppe Rache an - er gehöre zum "verräterischen Vieh", wurde dort geschrieben.

Mirilo flüchtete nach Österreich. Er und seine Familie wurden von der Präsidentin von Reporter ohne Grenzen, Rubina Möhring, für einige Monate aufgenommen. Andernfalls wären sie wohl abgeschoben worden. Mirilo stellte einen Asylantrag, er arbeitete in einer Gärtnerei. Heute ist der 45-Jährige legal bei der MA 48, der Müllabfuhr in Wien, beschäftigt. Seine achtjährige Tochter, die die ersten Monate in Österreich kaum redete, ist mittlerweile Klassenbeste und aufgeblüht.

Österreichs Asylbehörden sind der Ansicht, dass Mirilo in Serbien nicht bedroht ist und daher kein Asyl bekommen soll. Mirilo weiß nicht, was er dazu sagen soll. Adelheid Wölfl