Wien - Die Regierung bekommt bei den Verhandlungen über ein neues Beamten-Dienstrecht ein unverhofftes Druckmittel in die Hand. Der Verfassungsgerichtshof hat die geltende Regelung für die Nebengebühren, die das Gehalt der öffentlich Bediensteten oft gehörig auffetten, mit wenigen Ausnahmen aufgehoben. Nimmt das Parlament innerhalb eines Jahres keine gesetzliche Änderung vor, dürfen diese Zuwendungen an die Beamten nicht mehr ausgeschüttet werden.

Basis für das Urteil des VfGH, das am Freitag von Präsident Gerhart Holzinger öffentlich präsentiert wurde, war die Beschwerde eines Finanzbeamten wegen der Nicht-Zuerkennung einer "Betriebsprüferzulage". Im Rahmen dieser Prüfung kamen die Prüfer zu dem Schluss, dass jener Erlass des Finanzministers, der die Vergabe dieser Nebengebühr regelt, nicht der Verfassung entspricht. Er wurde aufgehoben und laut Holzinger sind sämtliche Zuwendungen dieser Art, die ohne gesetzliche Determinierung vergeben werden, nicht verfassungskonform.

Einige Zulagen bleiben

Wie viele Nebengebühren daher ihre Gültigkeit verlieren, konnte der VfGH-Präsident nicht sagen. Es liege jedoch nahe, dass es noch eine Reihe weiterer gebe. Ausdrücklich nicht vom Spruch des Höchstgerichts erfasst sind jene Gebühren, die taxativ im Gesetz aufgelistet sind und nicht auf Erlässen oder "verwaltungsintern festgelegten Praktiken" beruhen. Jedenfalls bestehen bleiben damit unter anderem Überstundenvergütung, Sonntags- und Feiertagsentschädigung, Jubiläumsgeld, Mehrleistungszulage, Gefahrenzulage und Fahrkostenzuschuss.

Für Holzinger handelt es sich bei diesem Fall zwar um eine auf den ersten Blick spröder Materie, die aber ein essenzielles rechtsstaatliches Problem sei. Nicht zu unterschätzen sei auch der "ökonomische Effekt" für die betroffenen Beamten.

Für die Reparatur zuständig ist nach Angaben des Präsidenten das Bundeskanzleramt. Dieses hat dafür zu sorgen, dass bis 31. Oktober kommenden Jahres eine Neuregelung getroffen wird. Geschieht das nicht, gibt es keine gesetzliche Grundlage mehr für die Auszahlung der Gebühren.

Unklar, welche Nebengebühren betroffen

Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) sieht "keinen Grund für Hektik". Zunächst müsse man sich die Entscheidung der Höchstrichter im Detail anschauen, um zu klären, welche Nebengebühren und welche Gruppen tatsächlich betroffen sein könnten, erklärte die Sprecherin der Ministerin Freitagnachmittag. 

Insgesamt gibt es etwa 160 verschiedene Nebengebühren im öffentlichen Dienst. Wie viele nun tatsächlich vom Spruch der Höchstrichter betroffen sind, wollten weder Heinisch-Hosek noch die GÖD einschätzen. Jedenfalls ausgenommen sind 13 im Gesetz taxativ aufgezählte Nebengebühren wie Sonntags- und Feiertagsentschädigung. Definitiv vom Erkenntnis betroffen ist die sogenannte Betriebsprüferzulage, da sie Basis für die Überprüfung der Höchstrichter war. Dass deren Entfall in der Geldbörse durchaus etwas ausmachen würden, zeigen die Zahlen. Etwa 200 Euro pro Monat macht diese Zulage aus. Österreichweit beziehen sie derzeit 2.700 Personen.

Der Entscheid des VfGH zu den Nebengebühren im öffentlichen Dienst dürfte nicht allzu viele Beamte betreffen. Diese Einschätzung gab das Beamten-Ministerium nach einer ersten Durchsicht des Höchstrichter-Spruchs ab. Die von der Aufhebung betroffenen Gebühren beziehen schätzungsweise nur etwa 3.500 Beamten.

Der Grund liegt darin: Zwar sind nur 13 der gesamt etwa 160 Nebengebühren im Gesetz taxativ aufgezählt. Allerdings splitten sich diese wiederum auf, womit letztlich ein Großteil dieser Leistungen doch gesetzlich abgesichert ist. So ist beispielsweise nur eine Gefahren- oder eine Erschwernis-Zulage angeführt, allerdings gibt es hier diverse Unter-Regelungen. So bekommt etwa ein Taucher eine andere Erschwernis-Zulage als ein Polizist. (APA)