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Ein Mann auf dem Weg zur Versammlung des Seniorenrats im Parlament. Die Vertreter der Pensionisten-Organisationen erneuerten dort ihre Forderungen, mit denen nicht alle einverstanden sind.

Foto: APA/Fohringer

Die Zahl der Senioren steigt. 2008 lebten in Österreich bereits 1,88 Millionen Personen über 60, bei den wenigstens 75-Jährigen wurden schon mehr als 662.000 gezählt. Im Gegensatz dazu schrumpft die jüngste Altersgruppe. Und, das belegt die Statistik Austria: Der Trend pflanzt sich rasant fort - und er wird sich auch so weiterentwickeln. Und die Pensionistenvertreter wissen um ihre (zahlenmäßig bedingte) Macht: Mit ihren Forderungen nach Pensionserhöhungen und mehr Einflussmöglichkeiten treten sie immer wieder an die Öffentlichkeit.

"Extrem ungerecht"

Nicht alle finden die Forderungen der Pensionisten gerechtfertigt. So meint etwa der Wiener Grüne Christoph Chorherr, dass eine Anerkennung als fünfter Sozialpartner "fatal" wäre. Ein Grund dafür: "Es fördert die weitere Entdemokratisierung - Entscheidungen werden aus dem öffentlichen Parlament hinter die verschlossenen Türen nicht unmittelbar gewählter Sozialpartner verlagert." Chorherr wundert sich: "Sollen in Zukunft auch Vertreter der Jugend Sozialpartner werden? Und die der Auto- oder Radfahrer? Das ist doch verrückt."

Außerdem würde, so Chorherr, so die Umverteilung zulasten der Jungen weiter zementiert werden. Alles in allem würden die Interessen junger Menschen seitens SPÖ und ÖVP ohnehin immer mehr vernachlässigt - aus Gründen der Wahltaktik. "Klar, denn bereits fünfzig Prozent aller Wahlberechtigten ist 50 plus." Schon heute würden über immense Staatsschulden die Jungen über Gebühr belastet. "Die laufend steigenden Pensionsausgaben auch des Staates finanzieren heute schon die Jungen, obwohl sie wissen, dass sie diese Leistungen selbst niemals erhalten werden". Die Lösung: "Ein rasches Auslaufen der extrem ungerechten Hacklerregelung und das unvermeidliche und wünschenswerte Ansteigen des tatsächlichen Pensionsantrittsalters", so der Grün-Politiker.

Auch die Seniorensprecherin der Grünen Wien, Waltraut Antonov, kritisiert die Wünsche der Pensionistenvertreter scharf. "Die Forderung der Präsidenten des Seniorenrats, Andreas Khol und Karl Blecha, nach Anerkennung als Sozialpartner ist eine Verhöhnung demokratischer Grundsätze", so Antonov. "Dass Khol und Blecha den Österreichischen Seniorenrat zur Geldbeschaffung für ihre Seniorenvereinigungen und rot-schwarze Parteipolitik nutzen, passt ins österreichische Schema der rot-schwarzen Packelei."

"Aus dem Fokus"

Auch Ferdinand Karlhofer, Politikwissenschaftler an der Universität Innsbruck, sieht die Forderungen der Pensionisten als fragwürdig an: "Die uneingeschränkte Akzeptanz des Seniorenrates als Sozialpartner würde zu einer doppelten Präsenz der Senioren führen. Denn sowohl beim ÖGB als auch bei der Wirtschaftskammer und den anderen Sozialpartnern sind Mitgliedschaften von Pensionistinnen und Pensionisten möglich und ohnehin vorhanden." Das, was landläufig unter Sozialpartnerschaft zu verstehen ist, würde durch die Pensionisten um den inaktiven Teil der Erwerbsbevölkerung ausgedehnt werden. "Das führt dazu, dass die Aufgabensetzung der Sozialpartner überdehnt wird und aus dem Fokus gerät", so Karlhofer zu derStandard.at.

Der Politikwissenschaftler nennt das Motiv der Senioren, nämlich eine zusätzliche Stimme vor Ort um Pensionserhöhungen durchbringen zu können. Das sei auch klar und nachvollziehbar, nur würde es zu einem Ungleichgewicht führen. Karlhofer kann sich vorstellen, dass in weiterer Folge auch andere Gesellschaftsgruppen, wie Jugend- und Frauenorganisationen, aber auch Migrantengruppen diesen Status einfordern. "Und zwar mit Fug und Recht!" (Michael Kremmel, Anita Zielina, derStandard.at, 9.10.2009)