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Staatssekretärin Christine Marek (VP) ist von der Kritik "hoch irritiert".

Foto: AP/Christof Stache

Wien - Der Finanzrechtsexperte Werner Doralt hat am Donnerstag verfassungsrechtliche Bedenken wegen der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld geäußert. Die Grenze von 16.200 Euro pro Jahr gilt nur für Erwerbseinkommen, Kapitalerträge oder Einnahmen aus Vermietung oder Verpachtung zählen hingegen nicht dazu. Das werde sich "verfassungsrechtlich nicht halten lassen", meinte Doralt im Ö1-"Mittagsjournal". Familienstaatssekretärin Christine Marek (ÖVP) verteidigte die Lösung.

Im Rahmen der Neuregelung des Kindergeldes wurde die Zuverdienstgrenze von 16.200 Euro pro Jahr beibehalten, künftig können sich Betroffene stattdessen aber auch für 60 Prozent des letzten Nettogehaltes entscheiden. In beiden Fällen gilt für die Berechnung allerdings nur das Erwerbseinkommen. Führt jemand sein Unternehmen also beispielsweise als Kapitalgesellschaft, bekommt er auch dann Kindergeld, wenn die Gewinne über die Zuverdienstgrenze fallen, erklärte Doralt. Ist die eigene Firma rechtlich aber ein Einzelunternehmen, greift die Begrenzung. Dies werde sich weder politisch noch verfassungsrechtlich halten lassen, glaubt der Experte.

Verstoß gegen das Gleichheitsgrundgesetz

Martin Knopper, Jurist der Kinder- und Jugendanwaltschaft Steiermark, sieht diesen Aspekt der Zuverdienstgrenze als Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Skeptisch zeigte sich auch die Arbeiterkammer (AK): Es werde mit zweierlei Maß gemessen, gewisse Einkommen auszuschließen sei "sachlich nicht nachvollziehbar", sagte Ingrid Moritz, Leiterin der Abteilung Frauen und Familie.

Marek sagt, dass Kapitaleinkünfte bei der Zuverdienstgrenze nicht zählen: Man habe einen "einheitlichen Einkommensbegriff" schaffen wollen. Hätte man also Kapitelerträge bei der Zuverdienstgrenze miteinbezogen, hätte man dies auch bei der Berechnung des einkommensabhängigen Kindergeldes selbst tun müssen. Im Sinne der Vergleichbarkeit und für eine einfachere Berechnung, welche Variante für die Betroffenen die günstigste ist, habe man dies aber unterlassen. Die Kapitalerträge wiederum nur bei der Zuverdienstgrenze einzurechnen, hätte auch Kritik hervorgerufen, meint Marek. Bei unterschiedlichen Einkommensbegriffen "kennt sich niemand mehr aus".

Von der öffentlichen Kritik sei sie im Übrigen "hoch irritiert", erklärte die Staatssekretärin. Sie frage sich, wozu es ein Begutachtungsverfahren gebe, wenn derartige Bedenken nicht dort geäußert würden. (APA)