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Laut den Milizverbänden soll die Landesverteidigung "vor dem Kollaps" stehen.

Foto: APA/ Hochmuth

Wien - Mit einem dramatischen "Hilferuf" hat am Mittwoch die Miliz vor einem Kollaps des Bundesheers gewarnt und schwere Vorwürfe gegen Polit- und Militärführung erhoben. Michael Schaffer, Präsident der Bundesvereinigung der Milizverbände, sprach von einem schleichenden "Putsch von innen". Das in der Verfassung verankerte Milizsystem würde absichtlich ausgehungert und runtergefahren. Das Bundesheer könne für Einsätze längerer Dauer nur noch etwa 5.000 Soldaten aufbringen, sagte Schaffer, der angesichts dieser Entwicklung "schon längst" den obersten Befehlshaber, Bundespräsident Heinz Fischer, "am Zug" sieht."

Der "absichtliche" Abbau der Miliz sei durch die Abschaffung von Truppenübungen, die Verkürzung der Wehrdienstzeit, die Auflösung von Milizverbänden und fehlende Rahmenbedingungen für die Rekrutierung vorangetrieben worden. Vom 55.000 Mann starken Bundesheer sind 24.000 Berufsbedienstete. Für die vorgesehenen 30.000 Milizionäre würden nur etwa 0,6 Prozent des Gesamtbudgets von rund zwei Mrd. Euro verwendet.

Landesverteidigung "vor dem Kollaps"

Das am Papier 55.000 Mann starke Militär könne nur noch 5.000 bis 7.000 ausgebildete Soldaten für einen militärischen Einsatz aufbringen. Einsätze könnten auch nicht länger als zwei bis drei Wochen aufrechterhalten werden. Die gerne behaupteten 10.000 Soldaten würden lediglich für Einsätze kurzer Dauer mit frisch Eingerückten, mit Kanzleipersonal, Köchen und Kraftfahrern erreicht. Damit sei nicht nur die Bundesheerreform gescheitern, sondern die gesamte Landesverteidigung gefährdet. Diese stünde "vor dem Kollaps". Im Falle der Nichtbesinnung an das Verfassungsgebot der milizartigen Heeresstruktur wäre auch die allgemeine Wahrpflicht obsolet.

Der politischen Ressortführung warf Schaffer bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Salzburger Bataillonskommandanten Gernot Schreyer und dem Präsidenten des Vorarlberger Militärverbandes, Manfred Bauer, vor, seit Jahren nur persönliche und parteipolitische Interessen zu verfolgen. Das Verteidigungsministerium sei seit Robert Lichal (V - Minister von 1987 bis 1990) von keinem Fachminister mehr geführt worden. Verantwortlich für die "Demontage" der Miliz sei auch der Generalstab - "der Fischkopf stinkt zum Himmel", so Bauer. Die Soldaten hätten "jegliches Vertrauen" in die Politik und in die Militärführung verloren.

Generalstabchef weist Darstellung der Milizverbände zurück

Der ehemalige Milizbeauftragte und jetzige Generalstabschef Edmund Entacher hat die Kritik der Milizverbände, die er in einer Aussendung als "Verein" bezeichnete, als "überzogen" zurückgewiesen. "Die Aussagen entsprechen nicht der Realität", so Entacher. Außerdem sei es fragwürdig, von einem "Putsch" zu sprechen, den es nicht gebe, sagte der oberste General. Die Milizionäre hatten am Mittwoch der Führung vorgeworfen, das Milizsystem absichtlich auszuhungern und und vor einem "Kollaps" des Bundesheeres gewarnt.

Entacher gestand, dass das Bundesheer "in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen und unter Budgetdruck steht". Diesen Herausforderungen müsse man sich aber als Soldat stellen und "sie sind bewältigbar". Die Einsatzbereitschaft des Bundesheeres sei jedoch "im erwartbaren Spektrum gegeben". "An der Einsatzbereitschaft und Auftragserfüllung des Bundesheeres besteht auch in den kommenden Jahren kein Zweifel", so der General.

Für innerösterreichische Einsätze stünden, etwa 5.000 voll ausgebildete Soldaten und etwa 5.000 Soldaten als Hilfskräfte, also insgesamt 10.000 Soldaten, zur Verfügung. Erst vor wenigen Wochen habe das Bundesheer im Hochwasser-Einsatz bewiesen, zu welchen Leistungen es fähig sei. "Mit Stichtag heute stand das Bundesheer mehr als 238.000 Stunden im Hochwassereinsatz zum Schutz der Bevölkerung", sagt Entacher. "Dies ist neben den Aufgaben im Grenzraum und den Auslandseinsätzen möglich."

"Der Befüllungsgrad der Milizeinheiten liegt derzeit bei über 90 Prozent." Das hieße aber nicht, dass die Miliz nicht weiter attraktiviert und gestärkt werden müsse. "Insbesondere müsse die volle Übungsfähigkeit hergestellt werden. Daran arbeiten wir", so der General. (APA)