Eine Frau mit Uni-Abschluss im biologisch-technischen Bereich findet heraus, dass ihre männlichen Kollegen eine Funktionszulage erhalten. Als sie diese auch fordert, wird ihr Wunsch mit der Begründung abgelehnt, "dass Frauen eben viel emotionaler und nicht so sachlich" seien. Es handelt sich also um eine klassische Diskriminierung auf Grund des Geschlechts.

DER STANDARD benötigte genau drei Minuten, um ein solches Beispiel im letzten Gleichbehandlungsbericht zu finden. Zahlreiche weitere, ähnlich gelagerte Fälle sind dort dokumentiert. Seit Jahren werden auch in regelmäßigen Abständen Studien zum Thema veröffentlicht. Es ist also einfach nur peinlich, wenn Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl zu Protokoll gibt, ihm sei "bisher jedenfalls kein Betrieb untergekommen, wo eine Kraft weniger Gehalt bekommt, nur weil sie eine Frau ist".

Es mag sein, dass der Vorschlag seines Parteikollegen Werner Amon, den Rechnungshof oder die Gleichbehandlungskommission mit der Prüfung der Gehaltsschemata zu beauftragen, noch nicht bis ins letzte Detail durchdacht ist. So ist zu befürchten, dass ein solches Modell einen enormen Verwaltungsaufwand mit sich bringen würde. 

Dennoch ist es unausweichlich, sich der Diskussion zu stellen. Vorschläge zur Verringerung der Einkommensschere gibt es genug. Wenn der oberste Wirtschaftsvertreter aber behauptet, das Problem gibt es gar nicht, stellt sich die Frage, ober er wirklich so viel Ahnung von Wirtschaft hat. (Günther Oswald/DER STANDARD, Printausgabe, 18.3.2009)