"Stopp", heißt es für Schlepper und Geschleppte nun oft schon an den Grenzen des erweitereten Schengenraumes. Im Bild zu sehen: Die Schengengrenze in der Ukraine in Mukachevo.

Foto: STANDARD, Corn

Was in Frankreich heftig umstritten ist, ist in Österreich längst gesetzlich geregelt: Illegale Einwanderer erhalten eine Aufenthaltsgenehmigung, wenn sie die Schlepper, mit deren Hilfe sie ins Land gekommen sind, anzeigen. In Frankreich hat diese Ankündigung des Ministers für Einwanderung und nationale Identität, Eric Besson, zu starken Protesten von Menschenrechtsorganisationen geführt. Die Kritik: Das Aufenthaltsrecht müsse nach humanitären Kriterien gewährt werden und nicht nach "polizeilichen Erfordernissen".

Aber auch in Österreich existiert laut Informationen aus dem Innenministerium diese Regelung, dass Flüchtlinge eine Aufenthaltgenehmigung bekommen, wenn sie ihre Schlepper verraten. Nur kommt sie kaum zum Einsatz, erklärt Gerald Tatzgern vom Bundeskriminalamt, im Gespräch mit derStandard.at. Betroffene würden sich als Gegenleistung eher dafür entscheiden, dass Angehörige nachreisen dürfen, wenn sie ihre Schlepper anzeigen. Die meisten Flüchtlinge seien nicht auf die Aufenthaltgenehmigung angewiesen, weil sie meist ohnehin einen Asylantrag stellen können, so Tatzgern.

Schlepperkriminalität absteigend

Insgesamt ist die Schlepperkriminalität in Österreich rückläufig. Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) sagte im Dezember vergangenen Jahres beim einjährigen Jubiläum der Öffnung des Schengenraumes, dass man große Erfolge im Bereich des Schlepperwesens sowie der illegalen Migration erzielen habe können.

Wie derStandard.at aus dem Bundeskriminalamt erfuhr, wird in wenigen Tagen der Schlepperbericht für das Jahr 2008 präsentiert. Noch sind keine Details bekannt, außer, dass sich der Trend von 2007 dahingehend fortsetzt, dass die Schlepperei insgesamt zurückgeht bzw. sich die Schlepperei an die neuen Schengengrenzen - etwa an die ukrainisch-slowakischen Grenze - verlagert, wie Tatzgern im Gespräch mit derStandard.at ankündigt.

2007 verzeichnete das Bundeskriminalamt 9.572 Fälle, bei denen Flüchtlinge illegal ins Land geschleust wurden. 2006 waren noch 17.334 Fälle registriert worden.

Verbesserter Informationsfluss

Österreich sei mit der Ausgangslage in Frankreich nicht vergleichbar, so Tatzgern. Denn es sei wegen seiner "geografischen Lage" bisher viel stärker von Schlepperei betroffen gewesen. Tatzgern bewertet es als positiv, dass die Schlepperkriminalität absteigend ist. Für ihn ist das aber nicht nur wegen des erweiterten Schengenraumes der Fall, sondern auch durch den verbesserten Informationsfluss - einerseits mit den internationalen Kollegen, andererseits auch mit den Flüchtlingen, die ins Land kommen.

"Kriminalisierung" der Schlepperei

Nicht so positiv sieht das Heinz Fronek von der Asylkoordination. Er kritisiert im Gespräch mit derStandard.at, dass bei der Schlepperei oftmals eine zu schnelle "Kriminalisierung" stattfinde. Der Begriff Schlepper werde sehr weitreichend angewendet, dabei seien es oft auch Familienangehörige, die von Betroffenen nachgeholt würden. Nicht alle Schlepper seien organisierte Verbrecher.

Zudem bringe der erweiterte Schengenraum auch Nachteile für Flüchtlinge, die von außerhalb Europas einreisen wollen. "Es ist ohne Schlepper schwierig überhaupt noch nach Europa zu kommen", so Fronek. Die legale Zuwanderung sei kaum noch möglich und dadurch werde dort die Schlepperkriminalität gefördert. Dadurch steige der Preis und auch die "Kosten an Menschenleben" würden steigen, weil die Bedingungen zunehmend gefährlicher seien.

EU will handeln

Dass die Zustände an der EU-Außengrenze für die Flüchlinge dramatisch sind, weiß auch die EU-Kommission. Nach Angaben des UNO-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) haben 2008 mehr als 67.000 Menschen das Mittelmeer überquert, um in Europa Asyl zu suchen. EU-Justizkommissar Jacques Barrot sagte am Freitag gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, er wolle für die Migranten "eine Aufnahme von besserer Qualität fordern". In den vergangenen Monaten hatten Insassen von Flüchtlingslagern auf Lampedusa und Malta zum Teil mit Gewalt gegen ihre Lebensbedingungen und drohende Abschiebungen protestiert. (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 15.3.2009)