Die ÖH zeigt sich beim E-Voting nach wie vor uneinig. Während sich die ÖH-Bundesvertretung gegen das E-Voting bei Hochschulwahlen ausspricht, stehen die Wiener ÖH-Vorsitzenden von Medizinischer Universität, WU und Veterinärmedizinischer Universität dem elektronischen Wählen durchaus positiv gegenüber.

Klar, das Wissenschaftsministerium habe "uns das E-Voting vor die Nase gesetzt", sagt Julia Straub in Richtung Minister Johannes Hahn (ÖVP). Doch mittlerweile könne die ÖH-Vorsitzende der Medizinischen Universität Wien ihren Kollegen sagen, die bekannten Kritikpunkte - Sicherheit, Datenschutz und Anonymität - seien weitgehend ausgeräumt.

"Zusatz-Angebot wird angenommen"

Vor allem: "Das E-Voting ist ein Zusatzangebot", die Papierwahl bleibe freilich bestehen, betont Manfred Buchner, ÖH-Sprecher der WU Wien. Auf der Med-Uni hätten sich von 700 Personen, denen man das neue Wahlsystem vorgestellt habe, 80 sofort dafür angemeldet, sagt Straub, so wie ihre Kollegen von WU und Veterinärmedizinischer Universität Mitglied der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft. Die Studenten seien "neuen technischen Möglichkeiten gegenüber sehr aufgeschlossen", sagt Buchner. Um an der elektronischen Wahl, die in der Woche vor dem eigentlichen Wahltermin von 26. bis 28. Mai stattfindet, teilzunehmen, müssen sich die Studierenden die "Bürgerkarte" und ein Chipkarten-Lesegerät besorgen.

Potenzielle Stolpersteine gibt es freilich zuhauf, zunächst rechtliche. Der Grazer Verfassungsrechtler Klaus Poier gibt aber Entwarnung: E-Voting sei international bereits erprobt, etwa in Estland oder bei Regionalwahlen in der Schweiz. Die Hochschülerschaften seien sicher "kein Versuchskaninchen" für elektronische Urnengänge. Gleichwohl konstatiert Poier ein "Spannungsverhältnis": Zwar sei nur in der Wahlzelle garantiert, dass jemand ungestört und "nur durch eigenes Zutun" seine Stimme abgibt. Bei "Distanzwahlen" - egal ob per Brief oder Internet - sei dies nicht in dem Ausmaß garantiert. Auf der anderen Seite würde durch Brief- und E-Voting die Zahl der Wähler steigen.

"Vorwürfe können entkräftet werden"

Mehr Angriffsfläche als die rechtliche Seite - der Verfassungsgerichtshof befand online durchgeführte Wahlen für zulässig - bietet da schon die technische Umsetzung. Hauptproblem: Wähler und Stimme dürfen einander nicht zuordenbar sein.

In Großbritannien traten hier Pannen auf (derStandard.at berichtete). Dort wurde dasselbe, von der spanischen Firma Scytl entwickelte System erprobt, das im Mai bei den ÖH-Wahlen zum Einsatz kommt. Dieser Fall sei "uns sehr lange bekannt", sagt Gerald Fischer vom Institut für Rechnergestützte Automation an der TU Wien. "Die Vorwürfe können völlig entkräftet werden", sagt er zu derStandard.at, ohne näher auf die technischen Verbesserungen einzugehen.

Für die Gegner, etwa die Plattform papierwahl.at oder den Verein quintessenz, sind viele Fragen offen. Zum Beispiel: Wie schaut die Wahlurne aus - und wo steht sie? "Die Wahlurne ist ein eigener Rechner", der sich im Bundesrechenzentrum befinde, sagt TU-Experte Fischer. "Dieser Rechner wird während der Wahl nie mit dem Internet verbunden sein. Erst ganz am Schluss wird er angeschlossen."

Das Problem, dass man etwa nicht wisse, ob bei der Wahl auf dem PC jemand "hinter dem Wähler steht", gebe es bei der Briefwahl genauso, stimmen Poier und Fischer überein. Beim ersten Versuch würden auch Wahlkabinen für E-Voting in den Unis aufgestellt. Ziel sei es natürlich, durch die Einführung zusätzlich Studenten zum Wählen zu bringen. Ab welcher Wählerzahl von einem "Erfolg" der neuen Systems zu sprechen sei, lassen die ÖH-Vertreter aber offen. (kap, derStandard.at, 19. 2. 2009)