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Thailand greift hart durch gegen illegale Einwanderer, auch wenn sie Rohingyas sind.

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Das Schicksal der burmesischen "Boat People" in der Andaman-See hat erstmals das Interesse der Weltöffentlichkeit auf die Lage der Rohingyas, einer muslimischen Minderheit in Burma, gezogen (siehe Hintergrund). Der thailändischen Armee wird vorgeworfen, hunderte Menschen, die als Flüchtlinge in das Nachbarland gekommen waren, in Booten auf offener See ausgesetzt zu haben. Zumindest 550 Rohingyas gelten nach wie vor als vermisst. 1,5 der etwa 3,5 Millionen Rohingyas leben im Exil, die meisten davon in Bangladesch, Thailand und Saudi-Arabien. Mit etwa 200 Mitgliedern ist die Rohingya-Gemeinde in Großbritannien die größte Europas. Der Jurist Nurul Islam ist Präsident der Arakan Rohingya National Organisation in London, einer Dachorganisation von Exilantengruppen. Mit derStandard.at sprach er über die Verfolgung seines Volkes in Burma und über das Desinteresse der Welt dafür.

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derStandard.at: Dass die burmesische Militärjunta häufig und systematisch Gewalt gegen nationale Minderheiten anwendet, ist bekannt. Warum geht das Regime gegen die Rohingyas vor?

Nurul Islam: Das Militärregime hat uns komplett aus der Gesellschaft ausgeschlossen und unser Volk zu Staatenlosen gemacht. Das ist ein Teil der Vernichtungsstrategie gegen die Rohingyas, die ein ursprünglicher Teil der burmesischen Nation sind. Der Grund dafür ist religiös-ethnische Verfolgung in Burma, wir werden wegen unserer Religion in Burma nicht anerkannt. Das Regime will aus Arakan eine moslemfreie Region machen. Um diese Politik umzusetzen, verübt es von Zeit zu Zeit Massaker an unserem Volk und löst so einen Exodus von Rohingyas in andere Länder aus.

derStandard.at: Bis zu drei Millionen Burmesen leben nach Schätzungen in Thailand, darunter eine große Zahl Rohingyas. Warum schiebt Thailand sie nun ab?

Nurul Islam: Es gibt Burmesen verschiedenster Ethnien, die in Thailand Asyl bekommen haben oder darum ansuchen. Darunter befinden sich eine beträchtliche Anzahl Rohingyas. Ich spreche gar nicht von den Boat People, schon vorher lebten etwa 20.000 Rohingyas in Thailand. Leider werden sie von der thailändischen Regierung nicht als Flüchtlinge betrachtet. Viele der Boat People befinden sich im Moment in thailändischer Haft und die Regierung hat beschlossen, sie abzuschieben. Dabei sollten sie als Asylsuchende eigentlich unter internationalem Schutz stehen.

derStandard.at: Welche Konsequenzen zieht eine Abschiebung von Rohingyas nach Burma nach sich?

Nurul Islam: Ihr Leben ist in höchster Gefahr. Die Militärregierung erkennt uns ja nicht einmal als Staatsbürger an.

derStandard.at: Warum wird die Lage der Rohingyas vom Westen und der islamischen Welt bisher kaum beachtet?

Nurul Islam: Das Problem der Rohingyas ist eines der längstdauernden der Welt, nicht nur der Moslems. Bis jetzt haben wir kaum Unterstützung und Beachtung erfahren, und wenn, dann nur unter humanitären Gesichtspunkten. Die Wurzel des Konflikts wurde bisher nicht beachtet. Man muss sich vor Augen halten, welch große Risiken die Boat People auf sich nehmen, um Burma zu entkommen.

derStandard.at: Der thailändische Premierminister Vejjajiva hat eine Untersuchung der Vorwürfe gegen sein Militär versprochen. Was erwarten sie sich davon?

Nurul Islam: Wir begrüßen das Versprechen des Premierministers, aber diese Untersuchung sollte unabhängig und öffentlich sein. Bis jetzt sieht es nicht danach aus, als würde dem so sein. (flon/ derStandard.at, 9.2.2009)