Linz/Tübingen - Die Diskussionen um den designierten Linzer Weihbischof Gerhard Maria Wagner gehen längst über heimische Kirchengrenzen hinaus und beschäftigen jetzt auch deutsche Theologen. "Die Vorgangsweise in Linz rund um die Bestellung des neuen Weihbischofs ist ein deutlicher Ausdruck des päpstlichen Absolutismus" , analysiert der Tübinger Theologe Hans Küng im Gespräch mit dem Standard.

Und warum der künftige Weihbischof die Sympathien des Papstes genießt, liegt für Küng, der selbst von Papst Johannes Paul II. die katholische Lehrbefugnis entzogen bekam, auf der Hand: "Die Aussagen Wagners etwa zu Naturkatastrophen und der ‚Strafe Gottes‘ machen klar, dass der Mann nach einem vormodernen Weltbild lebt. Dadurch hat er aber natürlich die Sympathie des Papstes, der ja auch im Mittelalter beheimatet ist." Dennoch müsse man den Fall Wagner in einem weiteren Kontext sehen. Küng: "Österreich hatte immer schon besonders schlechte Bischöfe. Grund dafür ist das Ernennungssystem. Und das ist maximal schlecht und hat zur Folge, dass wir in Österreich nur mehr Jasager im Bischofsamt haben."

Aufruf zum Austritt

Verwunderlich findet Küng den konservativen Schwenk dennoch nicht: "Das hat alles System. Seitdem das Konzil nach Hause gegangen ist, versucht die Römische Kurie mit allen Mitteln die Kirche wieder auf einen Restaurationskurs zu zwingen." Dem Linzer Kirchenvolk rät der Theologe zum Widerstand: "Der Klerus und die Laienschaft sollen aufstehen und vom Bischof verlangen, die Weihe nicht durchzuführen."
Unterstützung kommt unter anderem von der Plattform "Wir sind Kirche" , die bereits konkrete Protestmaßnahmen überlegt. Vorsitzender Hans Peter Hurka: "Es gibt die Idee, die oberösterreichischen Katholiken zum Kirchenaustritt aufzufordern. Die Leute sollen ihre Kirchenbeiträge auf ein Treuhandkonto zahlen und wir verhandeln mit der Diözese."

Merkel fordert vom Papst Klarstellung

Ähnlich Margit Hauft, Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs: "Priester und Klerus müssen jetzt zusammenstehen und klar sagen, dass sie Wagner als Weihbischof nicht wollen." Erhard Busek, ÖVP-Politiker und Gründungsmitglied der "Laieninitiative gegen den Priestermangel" , nimmt Kardinal Schönborn in die Pflicht: "Da besteht Auskunftspflicht, Schönborn muss in Rom anklopfen und klären, was da passiert ist. Es kann nicht sein, dass drei auf dem Zettel stehen und der Vierte wird es."
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert von Papst Benedikt XVI. nach der heftigen Kritik an der Aufhebung der Exkommunikation des Traditionalisten-Bischofs und Holocaust-Leugners Richard Williamson eine Klarstellung. Der Vatikan wies Merkels Forderung zurück. (derStandard.at berichtete)

Den Pastoraltheologen Paul Zulehner würde, so wie er die Diözese Linz kenne, ein Protest nicht wundern. Aber: "Geweiht wird Wagner mit Sicherheit. Und wenn in der Hauskapelle des Bischofs." Rund um die Person Gerhard Maria Wagner offenbaren sich derweil weitere kuriose Details. Für Irritation sorgt ein Interview auf kath.net, das vorigen Samstag geführt wurde. Auf die Frage, was während dessen Studienzeit in Rom eine "besonders prägende Erfahrung" gewesen sei, antwortet Wagner: "Die Erfahrung der Internationalität. Im eigenen Haus - im Germanicum - waren wir verschiedene Volksgruppen, etwa aus dem ehemals Deutschen Reich und der Monarchie." Für eine historische Präzisierung war Wagner nicht erreichbar. (Markus Rohrhofer/DER STANDARD-Printausgabe, 4. Feber 2009)