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In Moskau gaben Russlands Premierminister Wladimir Putin und seine ukrainische Amtskollegin Julia Timoschenko erneut eine Einigung im Gasstreit bekannt. Europa hofft auf umgehende Lieferung. Bulgarien erwägt, das AKW Kosloduj aufzusperren.

Foto: AP/Aleksandr Prokopenko

Moskau - Im Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine wurde am Wochenende ein erster Durchbruch erzielt. Der russische Premierminister Wladimir Putin und seine ukrainische Kollegin Julia Timoschenko einigten sich nach fünfstündigen Verhandlungen in der Nacht auf Sonntag auf die Eckpunkte eines neuen Gas-Liefervertrages. Demnach wird die Ukraine für Gaslieferungen ab 2010 den in Europa üblichen Marktpreis bezahlen. Für heuer erhält die Ukraine noch einen Nachlass von 20 Prozent. Dafür muss sie jedoch im Gegenzug auf die Erhöhung der Transitgebühren verzichten.

Die europäischen Nachbarländer der Ukraine zahlen im ersten Quartal 2009 rund 470 US-Dollar für 1000 Kubikmeter Gas. Nach der vereinbarten Preisformel müsste die Ukraine daher dieses Jahr einen Gaspreis von 376 US-Dollar und damit mehr als das Doppelte im Vergleich zum vergangenen Jahr zahlen. Der russische Präsident Dmitri Medwedew stellte jedoch am Samstag aufgrund des Ölpreisverfalls die Senkung der europäischen Gaspreise um das 2,5fache in Aussicht.

Verträge bis Montag fertig

Die entsprechenden Verträge werden derzeit vom russischen Staatskonzern Gasprom und der ukrainischen Gasgesellschaft Naftogas zur Unterzeichnung vorbereitet, sagte Gasprom-Sprecher Sergej Kuprijanow. Er rechne damit, dass die Verträge bis spätestens Montagmorgen unterschrieben sein werden.

Nach der Unterzeichnung werden die Lieferungen nach Europa sofort anlaufen, sagte Timoschenko. Die EU zeigte sich skeptisch. In der Vergangenheit scheiterten bereits geschlossene Kompromisse in letzter Minute an den Details oder weil der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko das Verhandlungsergebnis seiner Rivalin Timoschenko nicht anerkannte.

Auch am Samstagabend war nach Angaben von russischen Regierungskreisen nicht vollständig klar, ob Timoschenko überhaupt über das nötige Mandat verfüge, um die Verhandlungen zu Ende zu bringen. Der russische Präsident Dmitri Medwedew sagte bei einer Pressekonferenz im Kreml, er hoffe es zumindest. Er habe mit seinem ukrainischen Amtskollegen telefoniert, und der habe ihm zugesichert, dass die Position des Präsidenten und der Regierung in der Gasfrage einheitlich sei.

Zwischenhändler als Stolperstein

Als weiterer Stolperstein zu einer endgültigen und nachhaltigen Lösung des Konfliktes könnte sich auch der umstrittene Zwischenhändler RosUkrEnergo erweisen. Medwedew sagte bei der Pressekonferenz, dass Russland auf den mit Korruptionsvorwürfen konfrontierten Zwischenhändler verzichten kann. "Ich denke, dass wir mit unseren ukrainischen Partnern auch ohne Vermittler handeln können. Vor allem ohne einen Vermittler, der nicht nur in der ukrainischen Öffentlichkeit für Bedenken sorgt", sagte Medwedew.

Die von Medwedew initiierte Gaskonferenz, zu der er auch die Staats- und Regierungschefs aller betroffenen europäischen Länder einlud, war zuvor ergebnislos zu Ende gegangen. An der ursprünglich als Gasgipfel titulierten Veranstaltung nahmen nur Vertreter aus Armenien, Weißrussland, Bosnien, Kasachstan, Moldawien, Serbien, der Türkei, Tschechiens, der Slowakei, der Ukraine und der Europäischen Kommission teil.

Der Vorstoß einiger europäischer Gasversorger, ein internationales Konsortium für die Bereitstellung von technischem Gas gründen zu wollen, dürfte nach Einschätzung von EU-Beobachtern demnach vom Tisch sein. Der russische Präsident Dmitri Medwedew erklärte bei der Pressekonferenz, dass diese Lösung zu kompliziert sei. Er schlug vor, dass die russischen Gastransporte künftig mit dem Akkreditiv einer europäischen Bank abgesichert werden sollten. "Das Konsortium ist noch immer eine Option, aber anscheinend nur die zweitbeste", sagte ein Vertreter der EU-Delegation am Rande der Pressekonferenz. (Verena Diethelm, Moskau, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.1.1.2009)