Als 1919 das Spullersee-Kraftwerk gebaut wurde, verschwand die Klösterle-Alpe im Speichersee. Man staute den Spullersee hoch über Lech um 30 Meter auf, weil man Strom für die Arlbergbahn brauchte. Heute würde man sensibler vorgehen. Oder doch nicht?

Die aktuelle Diskussion um den Ausbau des ÖBB-Kraftwerks im Klostertal lässt befürchten, dass man nicht viel dazugelernt hat. Auf Vorarlberger Seite werden mir nichts, dir nichts drei Bäche umgeleitet. Die Bahn baut aus, braucht mehr Strom. Da ist sogar der kleinste Bach recht. Was vergessen wird: Der Lech ist ein äußerst sensibles Ökosystem - was ihm im Quellgebiet an Wasser genommen wird, fehlt im weiteren Flussverlauf. Zehn Jahre lang haben Naturschützer gegen Kraftwerksprojekte auf Tiroler Seite gekämpft. Ein unsensibler Ausbau auf Vorarlberger Gebiet wäre ein fatales Signal: Kraftwerksbetreiber könnten ihre Pläne wieder aus der Schublade ziehen.

Die ÖBB begründen die Ausbaupläne mit steigendem Energiebedarf durch den Bau der Zulaufstrecken für den Brennerbasistunnel. Da wird der Spullersee-Ausbau nicht reichen. Wer nachhaltig bauen will - und das beteuern die ÖBB-Verantwortlichen stets -, hat auch Verpflichtung zu Transparenz und Kommunikation. Daher wäre es hoch an der Zeit, dass die Bahn alle Pläne offenlegt und Naturschützer an den Tisch bittet.

Was beim tirolerisch-vorarlbergischen Projekt besonders irritiert: Vorarlberg will keine UVP, die Tiroler überlegen. Auch das ist Föderalismus: ein Projekt, zwei Bundesländer, zwei Meinungen. Effizienz auf Schmalspur. (Jutta Berger, DER STANDARD Printausgabe 20.11.2008)