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Mit im Paket: Höhere Strafrahmen für Sexualdelikte, mehr Rechte für Kinder als Gewaltopfer, ausgeweitete Wegweiseregelungen und Berufsverbote für Täter.

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Wien - "Wir können zufrieden sein, das Paket enthält wichtige Teile", sagt Rosa Logar, Geschäftsführerin der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt. "Die Änderungen sind prinzipiell okay, für Kinder vor Gericht ergeben sich dadurch beachtliche Verbesserungen", pflichtet ihr die Wiener Kinder- und Jugendanwältin Monika Pinterits bei: Unter Experten, die sich um Opfer familiärer und sexueller Gewalt kümmern, stieß der Beschluss des großteils von Justizministerin Maria Berger (SPÖ) vorgeschlagenen Gewaltschutzpakets am Mittwoch im Ministerrat auf - fast ungetrübten - Beifall.

Wichtig seien all jene Regelungen, die die Rechte der Betroffenen stärkten, meint Logar. Etwa die Ausweitung der einstweiligen Verfügungen, die es Gewalttätern verbieten, sich ihren Opfern zu nähern, auf Bereiche außerhalb des Wohnraums sowie die Verlängerung des Höchstdauer solcher Wegweisungen. "Außerdem muss ein Opfer jetzt nicht mehr nachweisen, dass zwischen ihm und dem Täter eine familiäre Beziehung bestand. Dieser Nachweis gestaltete sich bisher oft sehr schwierig und verletzend", meint die Expertin.

Mehr Zeugenschonung

Begrüßenswert sei, dass künftig psychosoziale Prozessbegleitung in Zivilverfahren eingeführt werden soll. Bisher waren Zeugeneinvernahmen ohne Konfrontation mit dem Täter nur in Strafverfahren möglich. Auch die Schaffung des Tatbestandes einer fortgesetzten Gewaltausübung, um lang andauernde Gewaltbeziehung rechtlich zu erfassen sowie die geplante Bevorschussung für Schmerzensgeld bei immatieriellen Schäden werde Besserungen bringen.

Entscheidend für die Zustimmung vieler Experten sei gewesen, "dass die ursprünglich geplante verschärfte Anzeigenpflicht bei Verdacht auf Kindesmisshandlung aus dem Paket gestrichen wurde", ergänzt Pinterits. Und zwar die Streichung ganz und gar: Auch eine softere zweite Variante dieser Bestimmung wurde im August aus dem Entwurf entfernt.

"Und jetzt warte ich auf Alternativvorschläge. Was soll getan werden, um Schicksale wie jenes des kleinen Luca zu verhindern?", reagiert darauf die dezidierte Anzeigepflicht-Befürworterin Logar. Auf politischer Seite kritisierten Heinz-Christian Strache (FPÖ) und Peter Westenthaler (BZÖ) das Fehlen einer derartigen Gesetzesstelle.

Massive Einwände von Datenschützern kamen am Mittwoch an der ebenfalls geplanten Einführung einer Sexualstraftäterdatei. Laut Entwurf soll diese die Namen gefährlicher Sexualstraftäter enthalten und von allen Angehörigen der Jugendwohlfahrt eingesehen werden können: "Wer darin vorkommt, riskiert, für alle Zeiten vorverurteilt zu sein", sagte Heinz Zeger, Obmann des Vereins Arge Daten, zum Standard.

Diesen Einwand können Pinterits und Logar nicht nachvollziehen: Die Erfahrung zeige, dass "Sexualstraftäter schwer rückfallgefährdet sind", meint Pinterits. Daher stimme sie auch den geplanten Berufsverboten für einschlägig schwer Verurteilte - sie sollen weder Turnlehrer noch Jugendbetreuer sein dürfen - zu.

Die Berufsverbote wurden - so wie höhere Strafrahmen für mehrere Sexualdelikte - von der ÖVP in das Paket hineinreklamiert. Das Paket könnte noch im Oktober im Nationalrat beschlossen werden. (Irene Brickner, DER STANDARD, Printausgabe, 18.9.2008)