Werden Spieler durch die Einbindung von Mikrotransaktionsmodellen in Vollpreistitel absichtlich ausgebremst?

Foto: Microsoft

Das Vertriebsmodell Free-to-Play (F2P) hat vielen Videospielen geholfen, den Massenmarkt zu erschließen. Durch den Gratiszugang, gepaart mit cleveren Gameplay-Konzepten, ziehen Titel wie "Clash of Clans" oder "League of Legends" dutzende Millionen Menschen in ihren Bann. 90 Prozent der User zahlen zwar keinen Groschen fürs Vergnügen, dennoch ist es ein Riesengeschäft.

Denn der Rest erwirbt zu zumeist kleinen Beträgen bessere Ausrüstungsgegenstände oder neue Levels und spült damit laufend Geld in die Kassen der Entwickler. Die oberen Zehntausend geben auf diese Art mehrere Hundert Euro im Jahr aus. Im Idealfall ist es ein fairer Deal, solange man sich keine Vorteile erkaufen kann und durch seine erkauften Gegenstände nicht das Spielerlebnis für alle zerstört. Und, sofern Kunden nicht das Gefühl haben, abgezockt zu werden.

Kritische Vermischung

Letzteres tritt besonders dann ein, wenn F2P-Modelle mit Bezahlspielen vermischt werden. Große Schelte erhielt dafür 2012 Electronic Arts, das in 60-Euro-Games wie "Dead Space 3" faulere Gemüter per Aufpreis Abkürzungen nehmen ließ. 2013 sieht sich Microsoft mit ähnlicher Kritik konfrontiert, nachdem Blockbuster wie "Forza Motorsport 5" und "Ryse: Son of Rome" stark auf derartige Mikrotransaktionen setzen. Und auch das noch nicht erschienene "Gran Tourismo 6" von Sony sorgte mit der Ankündigung eines Mikrotransaktionssystems für Spielgeld für Aufregung

Streitpunkt hier ist nämlich, inwiefern die F2P-Ansätze den Aufbau eines klassischen Vollpreistitels verändern. Zwar kann man weiterhin alle Autos in "Forza 5" freispielen, doch wurde der Weg dorthin extra erschwert, um Kunden zum Kauf eines Freischaltcodes zu bewegen? Und welchen Grund hat es, dass "Forza 5" für 60 Euro nur halb so viele Autos und Rennstrecken mit sich bringt, wie sein Vorgänger? Der Tenor der Community: Wenn man für ein Spiel zahlt, sollte man auch alle Inhalte nutzen können.

Lernprozess

"Wir lernen noch", entgegnete Microsoft-Manager Phil Spencer den Kritikern in einem Interview mit Kotaku und gelobte Besserung. Kurz darauf bestätigte der Konzern, dass man die Preisgestaltung bei den Mikrotransaktionen noch einmal überarbeiten wird.  

Microsofts Vorgehen ist dabei nur ein aktuelles und prominentes Beispiel von vielen ähnlichen Vorgängen in der Blockbuster-Industrie. Praktisch jeder Hersteller experimentiert mit der Einbindung zusätzlicher Einnahmequellen, weil die Spielentwicklung über die vergangenen zehn Jahre drastisch teurer geworden ist, aber die Handelspreise weitgehend gleich geblieben sind. Entscheidend dabei ist, den goldenen Mittelweg zu finden. Zwischen erkaufbaren Fortschritten und Jahrespauschalen für künftige Erweiterungen befindet sich die Branche noch auf der Suche danach. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 29.11.2013)

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