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Unterrichtsministerin Schmied verlässt ihren Weg und will Kinder mit Sprachdefiziten in Vorschulen vorbereiten.

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Bereits ab dem kommenden Jahr werden Schüler in Wien mit Sprachdefiziten in Vorschulklassen vorbereitet, bevor sie in die Regelschule aufgenommen werden (derStandard.at berichtete). Entsprechende Vorstöße von ÖVP-Staatssekretär Sebastian Kurz für Deutsch-Schwerpunktklassen hatte Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) bisher stets zurückgewiesen, nun hat sie jedoch einen Schwenk vollzogen. Ein entsprechendes Konzept des Unterrichtsministeriums soll demnächst für ganz Österreich vorliegen.

Schmied lobt "Wiener Modell"

In der Vorwoche hatte Wiens Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl verkündet, dass Kinder mit mangelnden Deutschkenntnissen künftig in der Vorschule die Unterrichtssprache lernen sollen. Nun lobt auch Schmied das Wiener Modell und will es bundesweit anwenden. "Wir sind ja jetzt gerade auf Bundesebene dabei, ein sehr umfangreiches Programm auszuarbeiten. Insofern ist das schon die Vorwegnahme eines Mosaiksteines des Gesamtkonzeptes", sagte sie im Ö1-"Morgenjournal".

Schmied betonte, dass sie an einem differenzierten und regional abgestimmten Modell festhalte: "Im städtischen Bereich, an Schulstandorten, wo besonders viele junge Menschen sind, die aus ärmeren Familien kommen, wo Migrationshintergrund auftritt, beides tritt ja oft geballt und gemeinsam auf, müssen wir andere Maßnahmen setzen als in Bereichen, in Stadtvierteln, im ländlichen Raum, wo das nicht in dem Maß der Fall ist."

Konzept wird ausgearbeitet

Entscheidend ist laut Schmied: Deutsch als Bildungssprache könne nicht in Crashkursen vermittelt werden. Man müsse im Kindergarten anfangen, zwei oder noch besser drei Jahre lang. "Plus einer gezielten Förderung in der Volksschule, die dann auch bis zu fünf Jahren dauern kann, wenn ich ein Vorschuljahr einlege. Oder integrativer Ansatz: Die ersten beiden Volksschuljahre dauern drei Jahre, weil einfach da intensiver integrativ gefördert wird." Das Ziel sei klar: "Volle Beherrschung der Bildungssprache Deutsch mit zehn Jahren."

Schmied will nun mit Expertinnen und Experten ein entsprechendes Konzept ausarbeiten. Dem Vernehmen nach sollen unter anderen die renommierten Wiener Sprachwissenschaftler Rudolf de Cillia und Hans-Jürgen Krumm teilnehmen. Im Rahmen eines Gesamtkonzepts sollen neben den pädagogischen auch finanzielle Belange geklärt werden.

Kurz will Deutsch als Kriterium für Schulreife verankern

Staatssekretär Kurz will das Schulpflichtgesetz ändern und die Beherrschung der deutschen Sprache als Kriterium für die Schulreife verankern. Damit kündigt er quasi eine im Dezember im Ministerrat erzielte Einigung auf, die das Ausprobieren verschiedener Modelle der Sprachförderung an Schulstandorten mit vielen Kindern mit Sprachproblemen vorsieht. "Es stellt sich die Frage, ob die Idee von Modellregionen sinnvoll ist, wenn jetzt schon das hauptbetroffene Bundesland Wien das Beherrschen der deutschen Sprache zur Voraussetzung für die Aufnahme in die erste Klasse macht", sagte Kurz zur APA. Das wolle er Schmied auch sagen.

Nun solle man lieber gleich eine entsprechende Gesetzesänderung vornehmen, damit das Vorgehen Wiens auch einen gesetzlichen Rahmen habe, so Kurz. Derzeit seien mangelnde Deutschkenntnisse allein keine ausreichende Begründung für die Verweigerung der Schulreife und damit die Einordnung in eine Vorschulklasse. Kinder, die motorisch, sozial und kognitiv in der Lage seien, dem Unterricht zu folgen, müssten eigentlich als außerordentliche Schüler in die erste Klasse Volksschule aufgenommen werden – was allerdings oft sinnlos sei.

Schmied attackiert Kurz

Am Dienstag vor dem Ministerrat ärgerte sich Schmied darüber, dass Kurz mit seiner Forderung, Deutschkenntnisse als Voraussetzung für den Schuleintritt gesetzlich festzuschreiben, einen "medialen Schnellschuss" produziert habe. Ihr gehe es dagegen um ein "seriöses Konzept". Die Unterrichtsministerin betonte, dass man sich nun mit Experten zusammensetzen müsse, um geeignete Maßnahmen zu entwickeln. Konkret zu Kurz' Forderung gab Schmied zu bedenken, dass es Fachleute gebe, die meinten, mit Crash-Kursen sei den betroffenen Kindern nicht geholfen.

Wie ihr Konzept aussehen wird, konnte oder wollte Schmied vorerst nicht im Detail sagen. Was eine Gesetzesänderung anbelangt, äußerte sich auch Schmied nicht a priori ablehnend. Es könne schon sein, dass es nach Ausarbeitung eines Konzepts zu gesetzlichen Maßnahmen komme. Welche das sein könnten, sagte die Ministerin freilich nicht. Kurz hielt indes an seiner Forderung fest.

Häupl für Vorschuljahr

Auch der Wiener Bürgermeister Michael Häupl spricht sich für ein Vorschuljahr aus. Ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr wäre "immer noch eine Krücke". Probleme könnte es, so Häupl, allerdings bei der Finanzierung geben: "Ich bin selbstverständlich bereit, darüber zu reden, wie man zu gemeinsamen Finanzierungen kommt." Der Hintergrund: Das Geld für den Kindergarten müssen die Länder locker machen, für Schulen zahlt hingegen der Bund. Häupl sprach sich für eine "vernünftige gemeinsame Finanzierung" durch Bund und Land aus. (APA/red, derStandard.at, 8.1.2013)