WAZ-Chef Nienhaus.

Foto: Frank Vinken / WAZ

Am 17. Juni jährt sich der Todestag von Hans Dichand zum ersten Mal. Im Jahr eins nach dem Ableben des Herausgebers der "Kronen Zeitung" ist auf Eigentümer-Ebene weiter kein Frieden eingekehrt. Erst am Mittwoch trafen sich unter anderem Vertreter des Hälfteeigentümers WAZ und der Familie Dichand vor Gericht, weil es keine Einigung über die von der Mediaprint geplante Preiserhöhung gibt. Der Geschäftsführer der WAZ, Christian Nienhaus, übt im APA-Interview heftige Kritik an den Mitgesellschaftern in der "Krone", namentlich an Christoph Dichand. Er bestätigt dabei STANDARD-Berichte etwa über die Summe, die der "Krone" monatlich ohne die Preiserhöhung entgeht, und dass die WAZ die Bestellung Dichands zum Herausgeber vor dem Schiedsgericht einklagen will.

APA: Das Verhältnis der WAZ zu Hans Dichand war jahrelang geprägt von gerichtlich ausgetragenen Konflikten. Hat sich nach seinem Ableben vor einem Jahr atmosphärisch etwas geändert?

Nienhaus: Wir sind wegen des schlechten Gesundheitszustandes von Hans Dichand schon in den vergangenen Jahren direkt mit Christoph Dichand und Geschäftsführer Wolfgang Altermann am Tisch gesessen. Häufig sind wir uns einig, dann gibt es wieder Vorhaben, die zwar fast vor dem Abschluss stehen, wo es dann aber Rückschläge gibt. Etwa in der Frage der Preiserhöhung (die derzeit wegen des Widerstands und einer einstweiligen Verfügung von Christoph Dichand vor Gericht geklärt wird. Anm.), wo wir schon eine Einigung darüber hatten, dass wir im Frühjahr die Preise anheben. 2009 gab es aber auch zum Beispiel bereits ein Verhandlungsergebnis über den Verkauf unserer Anteile. Dies war mit dem Vorbehalt, dass die Seite Dichand dies mit den Banken noch klärt, paktiert. Erst drei, vier Monate danach kam dann eine Absage.

APA: Gibt es in der WAZ aktuelle Überlegungen, die Anteile der "Krone" zu kaufen oder zu verkaufen?

Nienhaus: Nein.

APA: Strittig war die Herausgeberschaft durch Christoph Dichand, die nach dem Tod seines Vaters im Impressum der Zeitung bekanntgegeben wurde. Die WAZ, deren Zustimmung für diesen Schritt notwendig gewesen wäre, hat dagegen protestiert. Wie hat Dichand junior belegt, dass er noch von seinem Vater bestellt wurde?

Nienhaus: Die Herausgeberschaft von Christoph Dichand ist nicht belegt. Es gibt auch unterschiedliche Versionen, wann Hans Dichand die Herausgeberschaft an seinen Sohn übergeben haben soll. Je nach Darstellung von Herrn Altermann oder dem langjährigen Anwalt von Hans Dichand liegen dazwischen mehrere Monate, insofern ist das nicht realistisch. Eine schriftliche Berufung gibt es jedenfalls nicht. Voraussetzung für die Herausgeberschaft von Christoph Dichand zu Lebzeiten von Hans Dichand wäre gewesen, dass Hans Dichand seine Herausgeberschaft niedergelegt hätte. Dazu gibt es aber keinen schriftlichen Vorgang. Ein Indiz dafür, dass Dichand senior die Herausgeberschaft nicht zu Lebzeiten übertragen hat, ist auch, dass Christoph Dichand erst nach seinem Tod in dieser Funktion im Impressum aufgeschienen ist. Zu klären wird das aber vor dem Schiedsgericht sein. Christoph Dichand hat eben noch nicht begriffen, dass er nicht der Alleineigentümer der Zeitung ist. Das ist eher ein psychologisches Problem.

APA: Der jüngste Disput dreht sich um die in den Mediaprint-Gremien beschlossene Preiserhöhung von "Krone" und "Kurier", gegen die Dichand für seine Zeitung eine einstweilige Verfügung erwirkte. Wie viel Geld geht der WAZ durch die gestoppte Preiserhöhung der Zeitung verloren?

Nienhaus: Monatlich verliert die Mediaprint dadurch 600.000 Euro, die wegen der Gewinngarantie zumeist zulasten der WAZ gehen. Mit dem Manöver will Dichand den Wert der Zeitung drücken, um unsere Anteile unter dem wahren Wert erwerben zu können. Wir werden aber nicht verkaufen, sondern uns dagegen wehren, dass der Wert der "Kronen Zeitung" herabgesetzt wird.

APA: Wer ist denn der genaue Eigentümer der Anteile Hans Dichands nach dessen Tod? Schließlich wurde sein Vermögen ja unter der Familie aufgeteilt.

Nienhaus: Uns liegen darüber keine Informationen vor. Vor Gericht tritt immer "die Verlassenschaft Hans Dichand" auf. Im Firmenbuch ist auch immer noch Hans Dichand als Eigentümer der Zeitung aufgeführt.

APA: Die von Eva Dichand, der Ehefrau Christoph Dichands, geführte Gratiszeitung "Heute", hat in Wien laut "Media Analyse" bereits die "Krone" überholt. Ist die Zeitung eigentlich gerüstet gegen die Konkurrenz aus der eigenen Familie?

Nienhaus: Ich sehe nicht, dass "Heute" die "Kronen Zeitung" überholt hat. Es handelt sich um eine gratis abgegebene Zeitung, die natürlich in der Media-Analyse eine hohe Leserzahl hat. Die "Krone" hat aber gleichzeitig einen historischen Höchststand bei den Abonnenten und ist auch in jenen Bundesländern verbreitet, in denen "Heute" gar nicht vertreten ist. ("Heute" wird in Wien, Niederösterreich, Oberösterreich und dem Burgenland verteilt, Anm.) Ich würde das also nicht "überholen" nennen. Das ist eher die Lesart von "Heute"-Chefin Eva Dichand, deren Sichtweise sich ihr Ehemann Christoph Dichand offensichtlich zu eigen macht. In Summe soll das nur weiter die "Krone" unter ihrem Wert darstellen.

APA: Hegt die WAZ weiterhin den Argwohn, dass auch "Heute" in Besitz der Familie Dichand stehen könnte?

Nienhaus: Wer der wahre Eigentümer von "Heute" ist, ist nicht bekannt und gibt zu vielfältigen Spekulationen Anlass. Außerdem gibt es einen zeitlichen Zusammenhang des erstmaligen Erscheinens mit der Einstellung des von der Mediaprint betriebenen "U-Express" (erste U-Bahnzeitung Wiens. 2004 eingestellt, Anm.). Leider können wir nicht beweisen, wer der wahre Eigentümer ist, weil es in Österreich offenbar möglich ist, die Eigentumsverhältnisse einer so dominanten Zeitung geheim zu halten. Es wäre sinnvoll, mediengesetzlich festzulegen, dass der Eigentümer einer Zeitung im Impressum aufzuscheinen hat.

APA: Wie beurteilen Sie den Streit der beiden Zeitungen "Krone" und "Kurier", der mittlerweile auch schon die publizistische Ebene erreicht hat?

Nienhaus: Das zeigt, wie groß die Konflikte innerhalb der Mediaprint sind. Es ist ein einmaliger Fall, dass zwei Zeitungen, die in einem Unternehmen verbunden sind, öffentlich so aufeinander losgehen.

APA: Gibt es eigentlich Überlegungen, Ihre Anteile am "Kurier" zu verkaufen?

Nienhaus: Es gibt keinen Grund, den "Kurier" zu verkaufen. Wir haben mit unseren Mitgesellschaftern im "Kurier" bestes Einvernehmen. (APA)