"Wild! Exotisch! Erotisch! Anders!" - Veranstaltungsplakat für Winston Ruddles "Mama Africa"-Show.

Foto: afrikanet.info
Vom 15. bis 20. März 2008 tourte der Afrika-Zirkus "Mama Africa" durch Österreich (siehe derStandard.at-Bericht , Anm.); in Wien wurde die Show nicht beworben. Plakate für diesen Zirkus trugen die Botschaft "Mama Africa. Wild! Exotisch! Erotisch! Anders". Eine Bezeichnung, die u.a. vom Verein AFRA der Schwarzen Europäischen Frauen öffentlich heftig kritisiert wurde. M-MEDIA, Verein zur Förderung interkultureller Medienarbeit, meldete den Fall dem Österreichischen Werberat und bekam eine Antwort, die für Werbeverantwortliche dieses Landes eine öffentliche respektlose Haltung gegenüber Menschen afrikanischer Herkunft darstellt.

Schwarz-Afrika vs. Weiß-Afrika

"Mama Africa. Wild. Exotisch. Erotisch. Anders". Auf dem Plakat das Bild einer tanzenden schwarzen Frau sowie eines Männchens mit Riesenpopo und Schwänzchen. Ein guter Grund warum M-MEDIA diesen Fall dem Werberat gemeldet hat. M-MEDIA betrachtet diese Werbung als sexistisch, kolonialistisch und rassistisch gegenüber Menschen schwarzer Hautfarbe aus Afrika. Die Verantwortlichen spielen mit Klischees, die im höchsten Maß beleidigend sind. "Mama Africa. Wild. Exotisch. Erotisch. Anders": Hier geht es nicht um die afrikanische Frau im Allgemeinen, weil es auch nicht-dunkle afrikanische Frauen gibt, sondern um schwarze Frauen. Diese werden im heutigen Europa - so muss man angesichts dieser plakativen Aussprüche annehmen - noch als reine Sex-Objekte gesehen.

Frantz Fanon thematisierte diese Kategorisierung von Schwarz und Weiß schon in den 60er Jahren wie folgt: "Man teilt Afrika in einen weißen und einen schwarzen Teil. Die Ersatzbezeichnungen: Afrika südlich der Sahara, können diesen latenten Rassismus nicht verschleiern." Auf der einen Seite versichere man laut Fanon, dass das "Weiße Afrika" die Tradition einer "tausendjährigen Kultur" habe, dass es "mediterran" sei und Europa fortsetzte, dass es an der "abendländischen Kultur" teilhabe. Das "Schwarze Afrika" sei dagegen eine träge, brutale, unzivilisierte - eine wilde Gegend. (Fanon in: Die Verdammten dieser Erde, S. 138).

400 Jahre Bilder von "Wilden Afrikanern"

Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts wurde in der Wissenschaft "Rasse" als naturgeschichtlicher Begriff eingeführt, um Gruppen von Tieren und Menschen nach äußeren Merkmalen einzuteilen. Es entwickelte sich in Europa ein Bild der "N", das diese in der gutmütigen Variante als "Naturkinder" und "edle Wilde" zeichnete, in der negativen Variante als "blutrünstige, verschlagene oder dumme Wilde". Dieser "wilde Afrikaner" musste immer unter der Vormundschaft des "weißen Mannes" bleiben. Außerdem erschienen Afrikaner in den Augen der Europäer als grausame, primitive Kannibalen mit seltsamen Riten und Tänzen. Dieses Bild wird heute an ein nostalgisches europäisches Publikum mit fragwürdigen Werbemethoden verkauft.

Spielt die ethnische Zugehörigkeit keine Rolle in der Werbung?

Antwort des Werberats: "Der Österreichische Werberat sieht keinen Grund zum Einschreiten. Die Begriffe "wild" und "exotisch" signalisieren weder Rassismus noch Kolonialismus. Der erotische Aspekt bewegt sich themengerecht im Rahmen". Auf unsere Sexismus-Kritik wurde nicht eingegangen. Eine Antwort, die mehr Fragen aufwirft als Lösungen bietet.

Die Antwort des österreichischen Werberates zeigt, dass deren MitarbeiterInnen sich mit diesem Thema noch nicht wirklich auseinandergesetzt haben. Wie alle anderen Medien trägt die Werbung dazu bei, Bilder von Migrantinnen und Migranten zu transportieren und zu positionieren. Im Selbstbeschränkungskodex des Werberates stehen in der Präambel "Ethik und Moral" folgende Sätze: "Es sollen keine Darstellungen und Aussagen erfolgen, die den Anstand und die Würde weiter Teile der Bevölkerung verletzen". Weiter: "Werbung soll niemanden aufgrund seines Geschlechts, seiner Religion, seines Alters, persönlichen Eigenheiten, politischen Meinung oder seiner sexuellen Orientierung diskriminieren." Was uns fehlt ist die Kategorie "Ethnische Zugehörigkeit". Spielt diese keine Rolle in der Werbung?

Werbung und gesellschaftliche Veränderungen

In der Bilanz 2006 des österreichischen Werberates ist folgendes zu lesen: "Der Werberat ist eine Organisation, die flexibel auf gesellschaftliche Veränderungen reagiert, wenn es sich als notwendig erweist. Der Selbstbeschränkungskodex des Österreichischen Werberates soll ein dynamisches System sein und kein starres Regelwerk". Damit diese Worte nicht leer bleiben brauchen wir Taten und Maßnahmen zur Vermeidung öffentlicher Beleidigungen durch Werbung. (derStandard.at/28.4.2008)