Dass die Pisten auf dem Pitztaler Gletscher selten menschenleer sind, weiß man hier natürlich und hat sich nun ein umfassendes Konzept für die "Verkehrssicherheit" zurechtgelegt.

Foto: TV Pitztal
Wenn man daran denkt, dass auf den Pisten Österreichs bereits neun Millionen Menschen jährlich zu Tal schlittern, rutschen und rasen, viele von ihnen untrainiert oder für ihr Können viel zu schnell unterwegs, dann kann einem mulmig werden. Gutgemeinte Versuche, "asoziale" Skifahrer in den Griff zu kriegen und zur Kasse zu bitten, wie mit einer Pistenpolizei oder mit Geschwindigkeitsbeschränkung (Tempo 30 auf einigen Pisten in der Schweiz), müssen ergebnislos in dem Pistengetümmel untergehen, das heute in allen bekannten Skiregionen herrscht.

Wenn man dann erfährt, dass fast 60.000 Skifahrer jährlich im Spital landen (davon übrigens zwei Drittel Männer, wie immer man das interpretieren möchte), sollte man entweder das Skifahren aufgeben oder sich zumindest entsprechend ausrüsten. Und so basteln, planen und forschen die Skisportausstatter immer mehr in die Richtung Sicherheit und legen bei "Ausrüstung" die Betonung zunehmend auf "Rüstung".

Die Diskussion, ob man Skihelme zur Pflicht machen sollte, ist im Pitztal seit dem vorigen Winter keine mehr: Jedenfalls für die Skilehrer, die mit gutem Beispiel vorangehen und Helme tragen. Ein Hersteller wurde ins Boot geholt, eine Sicherheits-Kampagne gestartet und ein eigener "Pitztalhelm" designt - mit dem Ziel, den Kopfschutz auf den Pisten ebenso geläufig zu machen wie beim Fahrradfahren. Und nicht nur für Kinder.

Viele Hektar Vorbildwirkung

Besonders wirkungsvoll ist das, setzt man diesen Schritt in einer der publikumsstärksten Wintersportregionen überhaupt, wie etwa in diesem höchsten österreichischen Gletscherskigebiet mit 85 Hektar Fahrfläche mit bis zu sieben Kilometer langen Abfahrten. Außerdem kommen hier viele Familien her - eine gute Möglichkeit, Eltern von ihren Kindern (die ja alle in den Skischulen einen Helm tragen) lernen zu lassen.

Aber Helm ist nicht gleich Helm. Im Rennlauf erprobter Kunststoff für die Schale, schlagfest, nicht verformbar mit hoher Dämpfung ist wichtig. Und dass er auch luftig und bequem ist ebenfalls, sonst setzt man ihn ungern oder gar nicht auf. Aber nicht nur mit einem Helm sollte man sich schützen. Es gibt mittlerweile auch Rucksäcke, die den Rücken beim Aufprall auf Eis, Stock oder Snowboard mit einer speziellen Hartgummiplatte abfedern, sogenannte Protector-Rucksäcke. Mit Taschen und Laschen für alles und jedes, vom Helmnetz bis zum Signalpfeiferl, konisch geformt, um Bewegungsfreiheit zuzulassen (und cool auszuschauen). Aus 200 Einzelteilen zusammengebaut sind sie nicht gerade billig, aber wirklich praktisch.

Über noch etwas hat man sich Gedanken gemacht: über die Skistöcke. Immer wieder rammen sich Skifahrer die eigenen Stöcke bei Stürzen in die Rippen. Dagegen hat man jetzt den Stock mit Sicherheitsbindung erfunden, der nur durch ein Schnapperl mit der Handschlaufe verbunden ist, das sich bei einem plötzlichen Aufwärtszug öffnet. Beim Lift kann man durch Knopfdruck den Stock lösen und spart sich das Schlaufengefummel.

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor: die Sicht. Auch da wird experimentiert und innoviert, wobei es bereits Skibrillen gibt, die selbst bei diesigstem Wetter noch gute Sicht ermöglichen (und vollkommen bruchfest sind). Besorgt man sich eine neue Brille, sollte man damit eine Wand mit verschiedenen Farben ansehen. Bei einem guten Filter wird Blau zu Grau. Blau als Farbe sollte nicht mehr erkennbar sein. Sehr wichtig übrigens: Kinderaugen brauchen besonderen Schutz vor UV-Strahlen. Wie die Haut hat auch die Netzhaut ein "Elefantengedächtnis" für UVA- und UVB-Schäden, die in der Kindheit entstanden sind.

Griffige Konzepte

Im Pitztal schaut man jedenfalls besonders auf Sicherheit - vor allem auf die der Kinder. Auch wenn man die Heimat von Benni Raich eher als recht griffiges Gelände zu kennen glaubt (das es natürlich auch gibt, Buckelpiste inklusive), findet man hier auch einen Gästekindergarten mit Ganztagsbetreuung und ein Gelände für die Drei- und Vierjährigen, die am Nachmittag mit Schneespielen unterhalten werden. Die sieben Förderbänder in der Region sorgen zudem für Sicherheit und einen garantiert einfachen Einstieg. Wenn diese Kinder dann größer geworden sind, finden sie sich zumeist als Snowboardanfänger im "Boarderpark" wieder. Für die Ehrgeizigen gibt es dann immer noch die Rennschule "Race-Center Benni Raich".

Noch einen Aspekt sollte man, neben guter Zusatzausrüstung und der richtigen Ausbildung, nicht vergessen, nämlich dass man fest und gut im Schuh und damit auf den Skiern steht - ohne dass es schmerzt. Das ist möglich. Auch bei komplizierten Fußverhältnissen. Man kann sich das Modell seiner Wahl innen so ausstaffieren lassen, dass er passt wie ein Handschuh. Und das ist hier gar nicht so teuer, wie man glaubt: Weniger als 70 Euro kostet die Behandlung für den Schuh, der mit Sicherheit am häufigsten drückt. (Elisabeth Hewson/DER STANDARD/Printausgabe/16./17.2.2008)