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Wien – Bis 2030 sollten 1,1 bis 1,7 Prozent aller Investitionen in klimaschonende Projekte fließen, so eine Studie der UN-Organisation UNFCCC (United Nations Framework Convention on Climate Change). Damit könnte bereits der Klimawandel auf das gewünschte Maß von maximal zwei Grad Atmosphärenerwärmung begrenzt werden. Die Studie, die sich damit beschäftigt, wie die globalen Finanzströme umgeleitet werden können, liegt dem STANDARD bereits vor, sie wird anlässlich der UN-Expertenkonferenz in Wien am Mittwoch offiziell vorgestellt.

Als Angelpunkt wird dabei gesehen, dass ein substanzieller Teil der anstehenden Erneuerungs- und Erweiterungsinvestitionen in fossile Energiesysteme und -kraftwerke in erneuerbare Energiesysteme umgeleitet wird. In der Studie wird angenommen, dass bis 2030 rund 432 Mrd. US-Dollar (317 Mrd. Euro) an Investitionen anstehen. 148 Mrd. Dollar davon sollten in Energie-Projekte fließen, die als klima-schonend angesehen werden.

Atomkraft dabei

Angeführt wird auch, welche Investitionen das UNFCCC-Expertengremium als treibhausgasarm beurteilen: Neben erneuerbaren Energien sind dies auch jene "Clean-Coal"-Technologien, bei denen das bei Verbrennung von fossilen Energien anfallende CO2 gesammelt und wieder ins Erdreich verbannt wird. Außerdem mit dabei: die Atomkraft, die in der CO2-Diskussion immer häufiger als erneuerbare Energie firmiert, und zwar, weil bei Atomstrom zumindest im Betrieb des Atomkraftwerks kein CO2 anfällt (beim Bau des AKW und bei der Uransuche sehr wohl). Die nationalen Budgets für Forschung und Entwicklung in emissionsarme Technologien müssten laut Studie verdoppelt werden und bis 2030 weltweit an die 30 Mrd. Dollar erreichen. Die Kosten für Energieeffizienz, Biosprit und Hybridautos werden in der Studie mit 190 Mrd. Dollar bis 2030 beziffert. Die Landwirtschaft – Monokulturen, Waldrodungen – benötigt 14 Mrd. Dollar für Forschung, vor allem zur Methanreduktion.

Ein ganzes Bündel von Maßnahmen sei notwendig, um öffentliche Hand und Privatindustrie dazu zu animieren, im gewünschten Ausmaß Investitionen in klimafreundlichere Technik zu tätigen. Die derzeit im Kioto-Protokoll vorgesehenen Instrumente des "Kohlenstoffmarktes", beispielsweise der EU-Handel mit Emissionszertifikaten für die Industrie, müssten stark ausgebaut werden. Ziel dabei: einerseits die Handelsvolumina für Zertifikate stark zu erhöhen und andererseits die fossile Energiebereitstellung teurer machen.

Um Investitionen in Entwicklungs- und Schwellenländern anzukurbeln, müssten die derzeitigen Kioto-Instrumente attraktiver gestaltet werden. Gemeint ist damit vor allem die Möglichkeit, ein Umweltprojekt in einem ärmeren Drittland zu finanzieren und die dabei eingesparten Treibhausgase dem (reichen) Investorenland gutzuschreiben ("Clean Development Mechanism", CDM). Wegen der fehlenden Standards in den Projektländern ließen sich hohe Treibhausgas-Einsparungen erreichen, so die Studie. Zusätzlich zum erwünschten Technologietransfer würden sich insgesamt die Finanzströme, die sich heute in hohem Maße auf Industrieländer konzentrieren, globaler gestalten. Derzeit werden drei Viertel aller Investments in Industrieländern getätigt. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.08.2007)