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Talgkernseife aus "absolut unschädlichen Bestandteilen"

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Sogenannte Fleckseife

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Altdeutsche Kernseife von Dr. Thompson

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Was heute unvorstellbar ist, war die längste Zeit der Menschheitsgeschichte ganz natürlich. Die Reinigung des Körpers galt nicht bloß als verpönt, sondern wurde im Verlauf der Jahrhunderte sogar als "gefährlich" und gesundheitsschädlich eingestuft. Erst im 7. Jahrhundert, als mit der Herstellung von Seife in ihrer heute bekannten Form begonnen worden ist, hat sich das Waschen von Haut und Haaren mit fettlösenden Hilfsmitteln langsam verbreitet.

Und dies obwohl die ersten Belege der Seifenherstellung bereits bei den Summerern (4000 v.u.Z.) aufgetaucht sind. Den Menschen dieser Hochkultur war bekannt, dass in Wasser gelöste Asche von Pflanzen eine Lauge ergibt und wie diese auf Fette und Öle wirkt. Damit wurde der Grundstein für die Seifenherstellung gesetzt.

Seife ja, aber nicht zur Körperreinigung

Die älteste vollständige erhaltene Quelle eines historischen Seifenrezepts wurde in sumerischen Keilschrift in Tontafeln geritzt, datiert auf 2500 v.u.Z., aufgefunden. Darin kommt auch das Wort "al-quali" für alkalisch vor, das Pflanzenasche bedeutet. Diese erste Seifenrezeptur wurde in der Folge von den Griechen und Ägyptern übernommen. Jedoch noch nicht als Reinigungsmittel für den Körper, sondern zur Heilung bei Verletzungen und vor allem, um Schafwolle von Lanolin zu befreien, um sie danach färben zu können.

Erst die Römer nutzten die Waschwirkung der Seife zur Körperpflege. Damals erreichte das Handwerk der Seifenherstellung erstmals einen größeren Umfang und die ersten Seifenmanufakturen entstanden. In den Ruinen der im Jahr 79 durch einen Vulkanausbruch zerstörten Stadt Pompeji wurde bei Grabungen eine vollständige Seifenfabrik samt fertigen Seifenstücken gefunden.

Die Seife in ihrer heute bekannten Form wurde im 7. Jahrhundert von den Arabern nach Europa gebracht. Indem sie Fett und Lauge verkochten, gewannen sie Seife in einer sehr reinen Form. Spanien und Frankreich waren die ersten Zentren der Seifenherstellung im Abendland. Trotzdem war der Stellenwert von Hygiene und Körperpflege noch lange Zeit sehr gering. Das gesamt Mittelalter hindurch galt sogar das Waschen mit reinem Wasser zum einen als "verweichlichend" und zum andern als ungesund, weil man glaubte, die Haut würde dadurch zur "Einfallspforte für Krankheiten" werden.

Folgen: Puder und Pest

Auch in höfischen Kreisen war Hygiene ein Fremdwort. Stattdessen setzte man auf die großzügige Verwendung von Parfums und Puder und die folglich unerlässliche Kratzbürste. Die Folgen blieben nicht aus: Seuchen wie Pest und Cholera fanden auf diese Weise einen geeigneten Nährboden - im abendländischen Europa übrigens weitaus verheerender als im sogenannten Morgenland. Der Irrglaube, Wasser und Luft seien für den menschlichen Körper schädlich, wurde bis ins 18. Jahrhundert hinein sogar von europäischen Ärzten vertreten.

Das bürgerliche 19. Jahrhundert brachte, möglicherweise als Nachwehe der Aufklärung, ein zaghaftes Umdenken. Regelmäßiges, wenn auch nicht tägliches, Waschen mit Wasser und Seife etablierte sich zu einer relativen Selbstverständlichkeit. Zeitgleich trug die industrielle Revolution dazu bei, diesen Prozess zu beschleunigen.

Industrielle Seifen-Herstellung

Die Voraussetzung dafür, Seife in Massenproduktion hertzustellen, schuf Nikolas Leblanc (1742 – 1806), indem er ein chemisches Verfahren zur Herstellung einer starken Lauge erfand, die bis zu diesem Zeitpunkt mühsam aus Asche gewonnen werden musste. Die industrielle Fertigung läutete das vorläufige Ende des traditionellen Handwerks der Seifenherstellung ein, das beinahe in Vergessenheit geriet und zumeist lediglich in Notzeiten ausgeübt wurde. Seit der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts nahm zusätzlich die Verwendung von flüssigen Produkten zur Körperreinungung auf Basis von Wasser und künstlichen Tensiden zu, und ersetzte häufig die Verwendung von Seife.

In den letzten Jahren erlebt die traditionelle Seifenherstellung eine Renaissance. Handgefertigte Seife, auch Naturseife genannt, ist wieder gefragt. (dabu)