Bild nicht mehr verfügbar.

Taiwan's Präsident Chen Shui-bian: Taiwan längst ein souveräner Staat.

Foto: AP/Wally Santana

Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: AP/Elizabeth Dalziel
Taipeh/Peking - Peking hat auf die Unabhängigkeitspläne des taiwanesischen Präsidenten Chen Shui-bian mit der Androhung militärischer Maßnahmen reagiert. Der chinesische Außenminister Li Zhaoxing verwies am Montag in Peking auf das vor zwei Jahren vom Nationalen Volkskongress beschlossene so genannte Antisezessionsgesetz, das die chinesische Volksbefreiungsarmee zu einem Militärschlag ermächtigt, falls sich die Insel von China loslösen oder einer Wiedervereinigung auf ewig entziehen wolle. Wenn Chen die Trennung wolle, werde er zu "einem Verbrecher vor der Geschichte". Doch werde er scheitern, sagte Li.

Der taiwanesische Präsident hatte am Vortag in Taipeh dazu aufgerufen, die Unabhängigkeit der Insel anzustreben und die offizielle Staatsbezeichnung "Republik China" abzulegen. "Taiwan muss die Unabhängigkeit anstreben, seinen Namen ändern, eine neue Verfassung bekommen und Entwicklung anstreben."

Widerruf eines Versprechens

Damit widerrief Chen sein beim Amtsantritt im Jahr 2000 gegebenes Versprechen, von einer staatsrechtlichen Loslösung der Insel vom Festland Abstand zu nehmen. 2003 hatte das Parlament in Taipeh bereits die Grundlage für die Abhaltung eines Unabhängigkeits-Referendums geschaffen, im Vorjahr hatte Chen den "Wiedervereinigungsrat" aufgelöst, was von Peking als Provokation bezeichnet worden war.

Nach der Niederlage im Bürgerkrieg und dem Sieg der Kommunisten 1949 war die nationalchinesische Regierung nach Taiwan geflohen. Die nationalistische Partei Kuomintang, die am Anspruch auf ganz China festhielt, regierte in Taiwan bis zu Chens Wahlsieg im Jahr 2000. Die Formel "Ein Land - zwei Systeme", die Peking für die Wiedervereinigung angeboten hatte, war von der taiwanesischen Regierung als untauglich und als "Schwindel" abgelehnt worden. Sie bezog sich auf das Modell des gleichgeschalteten Sonderverwaltungsgebiets Hongkong.

Im "Taiwan Relations Act" hatten die USA 1979 der Insel vertraglich garantiert, ihr im Fall eines Angriffs zu Hilfe zu kommen. 1996 hatte der damalige US-Präsident Bill Clinton Flugzeugträger in die Straße von Taiwan entsandt, als die Kommunisten auf dem Festland während der ersten demokratischen Präsidentenwahl auf der Insel demonstrativ Raketen abfeuerten.

USA weisen Chinas Proteste zurück

Die US-Regierung hat jüngste Proteste Pekings wegen der geplanten Lieferung von Hunderten von US-Raketen an Taiwan zurückgewiesen. Außenamtssprecher Sean McCormack sagte am vergangenen Freitag, die Vereinigten Staaten unterstützten Taiwan dabei, sein "legitimes Recht auf Selbstverteidigung" wahrzunehmen. Nach taiwanesischen Angaben hat die Volksrepublik etwa tausend Raketen auf Taiwan gerichtet.

Die Kuomintang-Opposition übte scharfe Kritik an Chens Ankündigung. "Ich bin geschockt", sagte ihr Hoffnungsträger für die Präsidentenwahl 2008, Ma Ying-jeou. Aus Angst vor neuen Spannungen sackte die Börse in Taipeh um zwei Prozent, weil Kurse von Unternehmen fielen, die Geschäfte mit China machen.

Der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao ging auf der Plenartagung des Volkskongresses in Peking am Montag nicht direkt auf Chens Aussagen ein und hielt sich an seinen vorbereiteten Text. Unter dem starken Beifall der knapp 3000 Abgeordneten erklärte Wen den "energischen Widerstand gegen alle Formen von Aktivitäten zur Abspaltung wie den Ruf nach Unabhängigkeit für Taiwan durch Gesetzgebung". China wolle die friedliche Wiedervereinigung.

Chinas Premier: Streitkräfte müssten "Chinas Einheit" sichern

Der Premier verteidigte die überdurchschnittliche Steigerung des Militäretats in diesem Jahr um 17,8 Prozent. Die Streitkräfte müssten "Chinas Einheit" sichern und sich auf moderne Kriegsführung unter hochtechnologischen Bedingungen einstellen. Die massive Erhöhung war vom Sprecher des Volkskongresses am Vortag auch mit den Unwägbarkeiten um Taiwan begründet worden.

Internationale Experten gehen davon aus, dass die militärischen Ausgaben der Volksrepublik drei Mal so hoch sein dürften wie offiziell ausgewiesen. Die rasante Modernisierung der chinesischen Streitkräfte hat in Asien zu einem Rüstungswettlauf geführt. Mit Japan gibt es die Kontroverse um die Inselgruppe Senkaku im Ostchinesischen Meer. Peking beansprucht Inselgruppen wie die Spratlys oder die Paracel-Inseln, die teilweise bis zu 2000 Kilometer von seiner Südküste entfernt sind. (APA/dpa)