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"Normale" parlamentarische Arbeit gäbe es im Herbst ohnehin nicht mehr, außerdem kommt ein kürzerer Wahlkampf billiger: Fischers Argumente für Oktoberwahlen.

Foto: APA/ORF/MILENKO BADZIC
Wien - In den Nationalratswahlkampf einmischen will er sich zwar nicht, aber an seiner Vorliebe für einen Wahltermin lässt Bundespräsident Heinz Fischer keine Zweifel: "Mir persönlich ist ein Wahltermin im Oktober lieber als im November", meinte er am Sonntag in der ORF-"Pressestunde".

Damit setzt Fischer einen deutlichen Akzent: Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) hat zuletzt auch den November als möglichen Termin genannt, Nationalratspräsident Andreas Khol (ÖVP) diesen sogar explizit ins Spiel gebracht.

Der spätestmögliche Termin ist der 26. November, der infrage kommt, wenn die Regierung die Legislaturperiode normal auslaufen lässt. Bis zur letzten Nationalratssitzung am 13. Juli will die ÖVP im Einvernehmen mit der Opposition das Datum für die Wahlentscheidung festlegen. Vom Prozedere her könnte das Parlament sich de facto mit der letzten Sitzung auflösen, den Auflösungsbeschluss aber mit August datieren - so würden die Fristen für einen Wahltermin im Oktober eingehalten.

Sowohl der 1., 8., 15. wie 22. Oktober gelten als "gute"Termine. Der 29. Oktober scheidet aus. Da der Nationalfeiertag am 26. Oktober auf einen Donnerstag fällt, entsteht ein "langes Wochenende"- was wiederum die Wahlbeteiligung verringern würde.

Fischers Argumente für Oktoberwahlen: Das Hohe Haus würde Mitte September zwar wieder tagen, aber eine "normale"parlamentarische Arbeit sei dann ohnehin "unrealistisch"(Fischer) - auch wenn die ÖVP nicht müde wird zu betonen, sie arbeite unermüdlich bis zum letzten Tag für Österreich weiter. Außerdem würde das Budgetprovisorium, das man ohnehin beschließen müsse, kürzer dauern, wenn bald wieder eine neue Regierung im Amt sei. Und: "Je kürzer das Provisorium, desto besser", meinte Fischer.

Anstands-Wauwau

Einmal mehr bekräftigte Fischer auch seinen - bereits im März im STANDARD erstmals formulierten - Vorschlag, ein Fairnessabkommen samt "Schiedsrichter" für die kommende Wahlauseinandersetzung einzurichten. Insbesondere der sich abzeichnende Ausländerwahlkampf bereitet dem Bundespräsidenten offensichtlich Unbehagen. Fischer lehnte es "entschieden ab", das Thema Ausländer im Wahlkampf "menschenverachtend und inhuman"abzuhandeln.

Teil des wahlkampftechnischen Fair-Play-Abkommens sollten "Grenzen quantitativer und finanzieller Natur"sein, damit der Wahlkampf nicht in eine "Materialschlacht"ausufert. Außerdem könnte man eine Kommission einsetzen, die inakzeptable Vorgangsweisen im Wahlkampf darstellt und anprangert. Namen für diese Kommission wollte Fischer nicht nennen. Immer wieder im Gespräch dafür ist allerdings der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Ludwig Adamovich - der jetzt übrigens als Rechtsberater des Präsidenten agiert.

Adamovich überwachte auch den Präsidentschaftswahlkampf 2004. Damals einigten sich die beiden wahlwerbenden Parteien ÖVP (Kandidatin war Benita Ferrero-Waldner) und SPÖ (Heinz Fischer) auf eine Begrenzung der Wahlwerbekosten, der Werbedauer sowie auf Benimm-Regeln. Rund 20 Verfehlungen wie Slogan-Diebstahl, "Anzeigenmaterialschlacht"oder die unerlaubte Verteilung von Süßigkeiten wurden vor das Schiedsgericht eingebracht - und dann wegen "Geringfügigkeit"der Delikte wieder zurückgezogen.

Fischer beurteilt Ortstafel-Einigung "vorsichtig positiv"

Fischer beurteilt den ÖVP-BZÖ-Kompromiss über 141 zweisprachige Ortstafeln in Kärnten bis 2009 "vorsichtig positiv" als "Schritt in die richtige Richtung". Außerdem plädierte er Sonntag in der ORF-"Pressestunde" dafür, die Nationalratswahl schon im Oktober und nicht erst im November anzusetzen. In Sachen ÖGB-BAWAG zeigte er sich optimistisch, dass sich der ÖGB "wieder erfangen" wird. Nüchtern-positiv fiel sein Urteil über Österreichs EU-Präsidentschaft aus.

Fischer hätte sich zwar eine großzügigere Regelung für die slowenische Volksgruppe in Kärnten gewünscht, die ÖVP-BZÖ-Einigung sei aber die "beste Lösung, die in den letzten 50 Jahren auf dem Tisch lag". Sie bewege sich innerhalb der vom Staatsvertrag gesteckten Grenzen und der Verfassungsgerichtshof (VfGH) werde nicht desavouiert. Fischer, selbst Jurist, hält auch eine verfassungsrechtliche Absicherung für vertretbar, weil mit der Öffnungsklausel später weitere Ortstafeln dazukommen könnten.

BAWAG-ÖGB-Affäre "eine Katastrophe"

Die BAWAG-ÖGB-Affäre nannte Fischer eine "Katastrophe". Er zeigte sich aber optimistisch, dass die "ins Schwanken gekommene" Gewerkschaft sich "wieder erfangen wird". Die Sozialpartnerschaft müsse weiter ein wichtiger Faktor im politischen System bleiben - jedoch anders als in den 70er- und 80er-Jahren beschränkt auf die Bereiche, wo sie "wirklich zuständig ist", nämlich Wirtschafts- und Sozialpolitik.

Zu den Querelen zwischen SPÖ und ÖGB merkte Fischer an, dass es zwischen beiden in Vertretung der Arbeitnehmer-Interessen viele Berührungspunkte gebe, "das wird auch in Zukunft aufrecht bleiben". Er "glaube nicht", dass SPÖ und ÖGB in Konfrontation zueinander gehen "sollen, werden oder müssen". Nicht einmal auf Distanz gehen sieht Fischer die beiden: Derzeit gehe es darum, "ob man eine Struktur findet, wo sich die ÖGB-Spitzenfunktionäre voll und ganz auf die jetzt sicher 150 Prozent Energie erfordernden Aufgaben konzentrieren können".

(Red/tó/DER STANDARD, Printausgabe, 3. Juli 2006)