Die viel diskutierte Wohnrechtsnovelle 2006 scheint nun endgültig - zumindest für diese Legislaturperiode - "gestorben" (siehe Artikel "Wohnrechtsnovelle kommt nicht vor 2008" ).

Beim Österreichischen Verband der Immobilientreuhänder (ÖVI) war man mit der Novelle ja nie hundertprozentig zufrieden; manche darin enthaltenen Bestimmungen hätte man aber doch sehr gerne umgesetzt gesehen, weil doch so manche Verbesserung und Klarstellung darin enthalten gewesen wäre. "Die gegenwärtige Situation wird durch eine Gesetzgebung gekennzeichnet, die keine Lösung für die Beteiligten der Immobilienwirtschaft bietet, vielmehr wird die Judikatur bemüht, um Auswege zu finden", meint Geschäftsführer Anton Holzapfel.

Nachschlagewerk

Als Wegweiser durch diesen Dschungel an juristischen Bestimmungen und Entscheidungen, als "unverzichtbares Nachschlagewerk" zur Lösung von Streitfällen im Mietrechtsgesetz hat der ÖVI nun den "Kommentar zum Mietrechtsgesetz" in der aktuellen Rechtslage per Jänner 2006, verfasst vom renommierten Wohnrechtsexperten Wolfgang Dirnbacher, neu aufgelegt. Dirnbacher, der seit vielen Jahren Kommentare zum Miet- und Wohnrecht verfasst, hat mehr als 2000 Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs (OGH) untersucht und weist in dem Buch auf mögliche Problemstellungen bei der Vertragserrichtung sowie bei der wirtschaftlichen Kalkulation von Projekten hin.

Beispiel: Investitionsersatzanspruch des Mieters

So sei beispielsweise der Paragraph 10 des Mietrechtsgesetzes, der den Investitionsersatzanspruch des Mieters zum Inhalt hat, äußerst kompliziert gestaltet, woran auch die wiederholten Novellierungen der letzten Jahre nichts geändert hätten, so Dirnbacher. "Im Vollanwendungsbereich des MRG kommt dem Mieter gegenüber dem Vermieter hinsichtlich bestimmter Aufwendungen (Investitionen), die er auf das Mietobjekt getätigt hat, ein Anspruch auf Ersatz zu", heißt es in dem Buch. Der Aufwandersatzanspruch des Mieters werde allerdings durch einige formalistische Regelungen des § 10 MRG – deren Nichteinhaltung zum gänzlichen Verlust des mietrechtlichen Ersatzanspruchs führen kann – in der Realisierung gefährdet.

So muss der Mieter etwa nicht nur die Rechnungen vorlegen, sondern auch die Bezifferung des Anspruches der Höhe nach vornehmen - wohlgemerkt in Schriftform. Sollte die Bezifferung des Anspruchs fehlen, dann hat der OGH bereits, wie dem Buch zu entnehmen ist, zu Ungunsten des Mieters entschieden.

Beispiel Dachboden

Große Unklarheit herrscht auch weiterhin darüber, was konkret unter einem Dachausbau zu verstehen ist - und in der Folge auch darüber, wie viel Miete verlangt werden darf. Dirnbacher weist nämlich darauf hin, dass für Mietgegenstände, "die durch den Ausbau eines Dachbodens auf Grund einer nach dem 31. Dezember 2001 erteilten Baubewilligung neu errichtet worden sind, sowie unausgebaute Dachbodenräumlichkeiten, die mit der Abrede vermietet werden, dass darin – wenn auch zum Teil oder zur Gänze vom Hauptmieter – eine Wohnung oder Geschäftsräumlichkeit werde", eine Teilausnahme aus dem Anwendungsbereich des MRG besteht. Hier fehle eine gesetzliche (Teil-)Ausnahmeregelung für neue Mietobjekte, die durch Aufstockung, Anbau oder teilweise Neuerrichtung entstehen, kritisiert Holzapfel die "komplexe" Rechtssituation. Der ÖVI fordert hier eine Klarstellung vom Gesetzgeber, dass für eine derartige Neuschaffung von Wohnraum die freie Mietzinsvereinbarung zu gelten habe - sprich: dass die Miete, die verlangt werden darf, nach oben offen ist.

Beispiel: Verlängerung des Mietvertrages

Dirnbacher stellt in der neuen Auflage des Werks auf insgesamt 83 Seiten auch die aktuelle Rechtslage bezüglich Befristungsmöglichkeiten, Eigenbedarfskündigung und Klagemöglichkeiten sowie die möglichen Fallen für den Vermieter dar. "Die Hochkonjunktur für (teure) Räumungsklagen ist weiterhin gesichert", meint der Mietrechtsexperte dazu lapidar. Wenn ein Vermieter seine(n) Mieter nämlich nach Ablauf der Befristung – und sei es auch über dessen eindringliche Bitten – länger als 14 Tage im Mietobjekt belässt, wird ein unbefristetes Mietverhältnis daraus. Vom ÖVI wurde dies stets mit Argwohn gesehen; Geschäftsführer Holzapfel fordert bei Verabsäumung der fristgerechten Kündigung zumindest die Möglichkeit, dass das Mietverhältnis auf drei Jahre und nicht wie bisher unbefristet verlängert wird.

Was man sich beim ÖVI außerdem wünscht: Die Beseitigung der "Vermieterfalle" der automatischen Kategorieminderung bei Ausstattungsmängeln. "Die fehlende Erdung (Schutzleiter) zählt zu den gefährlichsten 'Vermieterfallen' im Mietrecht überhaupt, weil eine Wohnung mit diesem Mangel rechtlich gesehen (und damit entscheidend für den zulässigen Hauptmietzins) nur eine solche der Ausstattungskategorie D ('D-alt') sein kann (bei allen anderen Ausstattungskategorien wird die Brauchbarkeit gefordert). Zudem muss der Mieter die fehlende Brauchbarkeit nicht gesondert rügen…vielmehr kann er sofort den Antrag auf Herabsetzung des Hauptmietzinses im außerstreitigen Verfahren stellen. Damit ist die Herabsetzung auf den Hauptmietzins gemäß 'Kat-D-alt' (=derzeit monatlich 0,69 Euro/m2) für den Vermieter praktisch unaufhaltbar", schreibt Dirnbacher. Der ÖVI fordert, dass dem Vermieter die Möglichkeit gegeben wird, eine Mängelbehebung der Erdung durchzuführen, ohne eine sofortige Kategorieminderung hinnehmen zu müssen.

Dirnbacher geht in dem Buch auch darauf ein, was der OGH überhaupt als eine "brauchbare Wohnung" betrachtet. Er skizziert die mietrechtlichen Anforderungen der Sanitär- und Kochgelegenheiten im Lauf der Jahre und liefert in Anmerkungen die entsprechenden OGH-Erkenntnisse.

Ersatzlösung für steuerfreie Rücklagen gefordert

Was der ÖVI weiterhin fordert, ist eine adäquate steuerrechtliche Lösung bedingt durch die Abschaffung steuerfreier Rücklagen für Miethäuser im Jahr 1996. Nachdem per 31.12.2004 auch die Nachfolgeregelung gekippt wurde, muss die (spätere) Mietzinsreserve heute einerseits voll einkommensversteuert werden, aber in ihrer Bruttohöhe jederzeit für Sanierungsaufgaben bereit stehen.

Dieses Problem droht sich mittlerweile zu einem Hemmschuh für größere Investitionen auszuwachsen, warnt man beim ÖVI. Gefordert wird daher die Wiedereinführung der steuerfreien Rücklage oder, als Alternative dazu, die Einführung des Verlustvortrages als teilweisen Ersatz des pauschalen Abschlags bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und die Anpassung der mietrechtlichen Bestimmungen. (map)