Fernsehgeschichtsschreibung jenseits
retro-schwangerer Nostalgie-Shows versucht die Viennale-Reihe "ORF 3"
ab 20. Oktober. "ORF 3" steht nach Aussagen der Kuratoren Dietmar
Schwärzler und Sylvia Szely für einen "fiktiven, alternativen
Sender", der öffentlich-rechtliches Fernsehen im 50. Jahr seines
Bestehens in Österreich zeigt, wie es "sich selbst nicht (mehr)
erinnert": Mit Magazinbeiträgen, Dokumentationen und Porträts vor
allem aus den 70er und 80er Jahren.
Sechs Programme werden im Rahmen der Viennale gezeigt, ein
Großteil der über dreißig einzelne Programme umfassenden Reihe aber
ist von 28. Oktober bis Ende November im Filmarchiv Austria zu sehen.
Dort feiert man am 16. November auch in einer "Gala" das Jubiläum "50
Jahre Fernsehen" und lädt dazu unter anderem Gerd Bacher und Peter
Turrini ein. Sie sollen über Zeiten, als Fernsehen noch eine
"Identitätsfabrik" war, wie es Filmarchiv-Leiter Ernst Kieninger
ausdrückt, plaudern.
"Kleine und nichtfiktionale Form" im Mittelpunkt
Nicht der Fernsehfilm steht im Mittelpunkt von "ORF 3", sondern
"die kleine" und nichtfiktionale Form. Im Rahmen der Viennale sind
das unter anderem Beiträge der Magazine "Kontakt", "Ohne Maulkorb"
und "A propos Film", eine Dokumentation von Elfriede Jelinek und
Claus Homschak über Ramsau am Dachstein (im Rahmen der Reihe
"Vielgeliebtes Österreich") und Auftragsproduktionen - etwa von
Oswald Wiener und Valie Export - für die "kunst.stücke".
Arbeiten, "die heute im ORF nicht mehr produziert werden oder Raum
hätten", so Schwärzler im Gespräch mit der APA. Formate wie
Jugendmagazine oder das Frauenmagazin "Prisma" "existieren heute im
ORF de facto nicht mehr. Mit der Abschaffung der "kunst.stücke" sei
auch Sendeplatz für die Produktionen unabhängiger Filmschaffender
abhanden gekommen. Wohl habe sich "die Medienlandschaft vehement
geändert", räumt Schwärzler ein - "aber es stellt sich schon die
Frage, ob ein öffentlich-rechtlicher Sender ein gewisser Spielraum
sein und verschiedene Zielgruppen ansprechen sollte". (APA)