Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: APA/Gindl
Wien – Die Diskussion um den von ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein im STANDARD (Mittwoch-Ausgabe) vor geschlagenen steuerlichen Freibetrag für Kinderbetreuungskosten in Österreich geht weiter. ÖAAB, BZÖ und Junge ÖVP unterstützen Bartenstein mit Argumenten, die im Kern die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Auge haben. SPÖ, Grüne, FPÖ sowie die Arbeiterkammer Niederösterreich (AK-NÖ), die am Donnerstag Rechenbeispiele vorgelegt hat, sind vor allem aus verteilungspolitischen Gründen gegen Bartensteins Vorschlag.

Besser Negativsteuer

Ein Freibetrag ist ein bestimmter Geldbetrag, der von der Steuerbemessungsgrundlage abgezogen wird, also das zu versteuernde Einkommen reduziert, erklärt AK-NÖ-Steuerexperte Bruno Novozsel. Die Entlastung fällt dabei umso höher aus, je mehr jemand verdient. Demgegenüber wird ein steuerlicher Absetzbetrag von der konkreten Steuerschuld abgezogen. Die Entlastung ist daher beim Absetzbetrag für alle Einkommensbezieher gleich hoch. Wifo-Steuerexpertin Margit Schratzenstaller: "Das Problem beim Freibetrag ist, dass er Niedrigeinkommensbeziehern nicht oder kaum zugute kommt. Hier würde nur ein Absetzbetrag helfen, der im untersten Einkommensbereich als Negativsteuer ausbezahlt wird. Sinnvoll wären aber ohnehin mehr Realtransfers, also Kinderbetreuungsplätze in entsprechender Quantität und Qualität. Das hilft allen gleichmäßig." Derzeit können nur Alleinerzieherinnen Kinderbetreuungskosten von der Steuer absetzen. Für eine alleinerziehende Mutter mit einem Bruttogehalt von 1500 Euro ergibt das "karge 32,30 Euro", rechnet Novozsel vor.

Ein Freibetrag nach Bartensteins Vorstellungen in Höhe von jährlich 1500 Euro (deutsches Modell, Anm.) hätte dem Experten zufolge folgende Wirkung: Ein Spitzenverdiener – selbstständiger Unternehmer mit 7000 Euro im Monat, Ehefrau nicht berufstätig – bekäme zusammen mit dem Alleinverdienerabsetzbetrag 1244 Euro im Jahr an staatlicher Förderung für die Kinderbetreuung. Sind dagegen bei den Elternteile berufstätig – der Vater verdient z.B. 1500 Euro brutto, die Mutter 700 Euro – hätten sie keinen Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag. Und an Betreuungskosten bekämen sie für ihr Kind nur 575 Euro vom Staat.

Für den Staat billiger

Freilich: Ein Steuerfreibetrag kommt dem Staat billiger, die Inanspruchnahme bei einem Absetzbetrag für alle ist eine viel höhere. Bei einem Absetzbetrag von beispielsweise 360 Euro im Monat würde das Budget mit "kaum finanzierbaren" 200 Millionen Euro zusätzlich belastet, weiß auch die Arbeiterkammer. Der "gerechteste" Lösungsansatz wäre daher die soziale Staffelung der Kosten für Kinderbetreuungsplätze. Besserverdienende sollen mehr dafür bezahlen als Kleinverdiener. Bisher zahlen allein in Wien ein Drittel der Eltern aufgrund ihrer miserablen Einkommenssituation gar keinen Kindergartenbeitrag. In allen an deren Bundesländern werden die Kosten für Krippen- und Kindergartenplätze sozial gestaffelt, hielt dazu SP-Familiensprecherin Andrea Kuntzl in einer Aussendung fest. Neben der Frage der steuerlichen Absetzbarkeit erhitzt auch die Frage der Zuverdienstgrenze beim Kindergeld weiter die Gemüter. Eine Erhöhung hält Bartenstein zurzeit für "nicht finanzierbar." JVP-Obfrau Silvia Fuhrmann sagt hingegen, die Zuverdienstgrenze "muss endlich fallen".(Michael Bachner, DER STANDARD Printausgabe, 22.7.2005)