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Wien - Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) zieht sich aus dem Geschäft rund um den bargeldlosen Zahlungsverkehr zurück. Die Bank der Banken ist dabei, all ihre entsprechenden Unternehmensbeteiligungen (siehe Wissen) zu verkaufen oder zu reduzieren.

Und zwar: Die Abwicklungsgesellschaft und Bankomat-Betreiberin APSS (Austrian Payment System Services), die Spezialistin für digitale Signaturen A-Trust - und sogar der Verkauf der zu 100 Prozent in OeNB-Eigentum stehenden Austria Card, die jährlich 57 Mio. Plastikkarten erzeugt, steht zur Debatte.

OeNB-Vizegouverneur Wolfgang Duchatczek bestätigt die bargeldlosen Pläne: "Die Sichtbarkeit der Nationalbank im Kartenbereich wird sich verringern."

Gescheitertes Jointventure

Der Grund für den Ausstieg aus dem Geschäft mit dem bargeldlosen Zahlungsverkehr ist fast auf den Tag genau ein Jahr alt: Am 13. Mai 2004 war das damals unterschriftsreife Projekt "Banken-Zahlungsverkehrsfabrik" in letzter Sekunde am Streit zwischen BA-CA und Erste Bank gescheitert. Dieses Jointventure hätte Österreichs Banken zu einem großen europäischen Zahlungsverkehrscluster zusammenschmieden und Einsparungseffekte von bis zu 170 Mio. Euro bringen sollen.

Duchatczek: "Dieses Konzept hat leider nicht funktioniert, darum müssen wir jetzt einen anderen Weg gehen." Einer seiner Kollegen drückt es drastischer aus: "Das ist eine völlige Kehrtwendung in der Strategie der OeNB."

Am weitesten gediehen sind die Verkaufsvorbereitungen für die Bankomat-Gesellschaft APSS: Sie soll bereits im Juni zu hundert Prozent verkauft sein. Das Unternehmen gehört zu 38 Prozent der OeNB, den Rest teilen sich die fünf größten österreichischen Banken. Sie alle werden verkaufen.

Schweigen über Verkaufserlös

Unter Federführung der Investmentbanken RIAG (Raiffeisen) und der CDI Beteiligungsberatungs GmbH (Erste Bank) findet derzeit ein Tenderverfahren statt. Über die Höhe des erhofften Verkaufserlöses ist der Mantel des Stillschweigens gebreitet. "Billig ist die APSS aber nicht", sagt Duchatczek.

Außerdem im Schaufenster der OeNB: Ihr 9,1-Prozent-Paket an der Signaturgesellschaft A-Trust. "Die Freischaltungen sind nicht im erwarteten Ausmaß gekommen. Die Verlustphase dauert zu lang, wir steigen daher aus oder reduzieren unseren Anteil", begründet Duchatczek den Ausstieg. Gespräche seien im Gang.

Wahrscheinlich, aber noch nicht beschlossen ist, ob die OeNB auch ihre 100-Prozent- Tochter Austria Card (Substanzwert: 28,8 Mio. Euro) versilbern wird. Verkaufsverhandlungen gibt es noch nicht, Interessenten schon.

Keine Zusammenhang zu Begehrlichkeiten des Finanzministers

Dass der Abverkauf mit dem schrumpfenden Notenbankgewinn (2004 soll er um ein Drittel auf 450 Mio. Euro gesunken sein) und den nicht schrumpfenden Begehrlichkeiten des Finanzministers (er pocht auf Beteiligungsverkäufe; dem Bund gehören 50 Prozent der OeNB und 92 Prozent ihres Gewinns) zu tun hat, wird übrigens zurückgewiesen.

"Das Finanzministerium spielt bei unseren Verkaufsüberlegungen keine Rolle", sagt jedenfalls Duchatczek. (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.05.2005)