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Riesenüberraschung in der Diskussion um die Vergabe des Fußball-EM-Stadions in Klagenfurt: Der Stadtsenat hat am Donnerstagvormittag in einer Sondersitzung der Bietergemeinschaft Porr Techno/Alpine Mayreder den Zuschlag erteilt. Bürgermeister Harald Scheucher (V) erklärte, man habe ein "Zeitfenster" genutzt, nachdem der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) Kärnten am Mittwoch seine Einstweilige Verfügung außer Kraft gesetzt habe.

Die Einstweilige Verfügung des Bundesvergabeamtes (BVA), das zur gleichen Zeit über seine Zuständigkeit in der Causa beriet, sei für die Stadt nicht rechtswirksam, da sie an den Bund gerichtet sei, argumentierte Scheucher. Er berief daher eine Sondersitzung ein, in der die Zuschlagserteilung an den am 7. März ermittelten Bestbieter mit 8:1 Stimmen beschlossen wurde. Gegen den Beschluss stimmte einer Aussendung der Stadt Klagenfurt zufolge nur Grünen-Stadträtin Andrea Wulz.

Vergabeverfahren aus Sicht der Stadt abgeschlossen

Die Sondersitzung des Klagenfurter Stadtsenats wurde einberufen, um vor einer eventuellen Entscheidung des Bundesvergabeamtes den Zuschlag zu erteilen. Scheucher: "Klagenfurt muss nun zeigen, wir stehen zur EM 2008." Sein Stellvertreter Ewald Wiedenbauer (S), der den Antrag eingebracht hat, meinte gegenüber der APA: "Mit Schadenersatzforderungen müssen wir auf jeden Fall rechnen, ob wir den Zuschlag erteilen oder nicht." Landeshauptmann Jörg Haider wiederum regte neuerlich an, es solle eine Arbeitsgemeinschaft der Bieter gebildet werden.

Rund 70 Mio. Euro kostet das Bauprojekt, das ein Fußballstadion, eine Fußballakademie und ein Ballsportzentrum umfasst. Das Stadion mit überdachten Tribünen soll für die EM mehr als 30.000 Sitzplätze bieten, danach wird es auf 12.000 Plätze rückgebaut. Man habe die "Gunst der Stunde" genützt und die Entscheidung getroffen, sagte Wiedenbauer. Zuvor habe man sich rechtlich abgesichert, ob diese Vorgangsweise auch möglich sei.

Hätte man nicht entschieden, wäre die Ausrichtung der EM 2008 in Österreich und der Schweiz ernsthaft in Gefahr gewesen und der Stadt wären ebenfalls hohe Ersatzforderungen ins Haus gestanden. "Jetzt gibt es eventuell Schadenersatzklagen, es könnte aber genauso sein, dass das Verfahren für rechtens erklärt

"Rechtlichem Hickhack ein Ende bereitet"

Scheucher meinte nach der Sitzung, mit der Entscheidung sei "dem rechtlichen Hickhack ein Ende bereitet". Schon im Gutachten der Vergabeexperten Aicher/Holoubek sei eindeutig festgehalten worden, dass nur die Stadt Auftraggeber sein könne. "Der Bund als Auftraggeber ist aus rechtlichen Gründen, zum Beispiel mangelndes Grundeigentum, gar nicht möglich", sagte der Bürgermeister.

Haider: "Land und Stadt einig"

Haider erklärte gegenüber der APA nach der Sitzung, das Land Kärnten und die Stadt Klagenfurt seien sich in der Stadion-Causa einig. In einem Gespräch mit Scheucher habe man vereinbart, dass nun mit den Bietern verhandelt werden solle. Ziel der Gespräche: Die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft, bei der möglichst viele Bieter ins Boot geholt werden sollen. Damit könnten Schadenersatzforderungen abgewendet werden. Auch Scheucher betonte, Stadt und Land würden nun an einem Strang ziehen.

Die Entscheidung der Stadt wurde laut Bürgermeister sofort an die verschiedenen Stellen, darunter auch das Bundesvergabeamt, übermittelt. Den Bau soll übrigens eine Errichtungs-GesmbH. durchführen. Diese soll zu 100 Prozent in Besitz der Stadt bleiben und als Bauherr fungieren.

Alles hängt nun von BVA-Entscheidung ab

Die weitere Entwicklung hängt jetzt vom Urteil des Bundesvergabeamtes ab. Die mehrmals unterbrochene Verhandlung wurde am Donnerstag Nachmittag fortgesetzt. Ein mündliches Ergebnis wird es aber heute nicht mehr geben, das Urteil werde schriftlich ergehen, sagte der Senatsvorsitzende Gerhard Prünster auf APA-Anfrage.

Damit bleibt weiter unklar, ob die formelle Vergabe des Klagenfurter Stadtsenates an die Porr/Alpine-Bietergemeinschaft rechtswirksam ist. Kommt nämlich die BVA zur Ansicht, dass sie für den von den unterlegenen Bietern eingereichten Nachprüfungsantrag zuständig ist, wäre der Bund, die Republik Österreich bzw. das ÖISS der Auftraggeber. Somit würde auch die Einstweilige Verfügung der BVA, dass bis zum 21. Mai kein Zuschlag erteilt werden darf, weiterhin gelten, so ein Rechtsvertreter der unterlegenen Bieter zur APA.

"Überwiegend vom Bund finanziert"

Bei der heutigen mündlichen Verhandlung beim Bundesvergabeamt (BVA) in Wien betonten die Rechtsvertreter der unterlegenen Bietergemeinschaften, dass der EM-Stadionbau in Klagenfurt überwiegend vom Bund finanziert werde und damit auch die Zuständigkeit des BVA für das beantragte Nachprüfungsverfahren gegeben sei. Die Bietergemeinschaft Porr/Alpine Mayreder, die Vertreter der Stadt Klagenfurt sowie des Bundes argumentierten dagegen, dass der Bund mit deutlich weniger als der Hälfte der gesamten Baukosten am Stadionbau beteiligt sei und der Auftraggeber von Beginn an die Stadt Klagenfurt gewesen sei. Das Österreichische Institut für Schul- und Sportstättenbau (ÖISS) habe nur im Auftrag der Stadt Klagenfurt das Vergabeverfahren durchgeführt. Die Nennung des Bundes etwa als Auftraggeber bei den EU-weiten Ausschreibungen sei ein "Irrtum" gewesen.

Sollte das BVA ebenfalls ihre Zuständigkeit ablehnen, tritt auch ihre Einstweilige Verfügung außer Kraft und somit dürfte die Stadt Klagenfurt als rechtmäßiger Auftraggeber gelten. Die heutige Entscheidung wäre dann wohl nicht mehr anfechtbar, hieß es am Rande der heutigen Verhandlung.

Die am 7. März getroffene Vergabeentscheidung, wonach die Porr Techno/Alpine Mayreder als Bestbieter den Zuschlag erhalten solle, war von allen fünf unterlegenen Mitbietern beeinsprucht worden.

Haselsteiner vermutet nichtige Entscheidung

Strabag-Chef Hans Peter Haselsteiner hat die überraschende Vergabeentscheidung des Klagenfurter Stadtsenats als "wenig logisch" bezeichnet und eine Schadensersatzklage gegen die Stadt Klagenfurt in den Raum gestellt. Er werde ein Team von Juristen beauftragen, die Entscheidung zu prüfen, sagte Haselsteiner (siehe Artikel "Haselsteiner: 'Nicht rechtens'").

Der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz erneuerte seine Vorwürfe in Richtung Bundeskanzleramt . Bundeskanzler Schüssel sei durch seine Unterschrift unter den Vertrag mit der UEFA für Österreich ein Risiko von mindestens einer Milliarde Euro eingegangen, das durch sein Wegschauen täglich größer werde, sagte Pilz am Donnerstag vor Journalisten. (APA/red)