Kurt Bayer argumentiert gegen einen Beitrag dreier an der Wirtschaftsuniversität Wien tätiger Professoren, in dem sie die neue Politik der USA kritisieren und einen recht freien Außenhandel verteidigen (erschienen am 3. Februar bzw. 1. Februar im STANDARD). Er betont dabei die Gefahren des Freihandels für "kleine, schwache, im Entwicklungsprozess nachhinkende Länder".

Diese Gefahren gibt es. Es wäre lächerlich, das zu bestreiten. Aber ist diesen Ländern geholfen, wenn die reichen Wirtschaften ihre Importe aus den armen reduzieren? Wohl kaum. Die Globalisierung hat dazu beigetragen, dass mehrere Hundert Millionen Menschen der extremen Armut entkommen sind. Alle Staaten, die in den letzten Jahrzehnten ein starkes Wirtschaftswachstum hatten, weisen hohe Zuwächse bei Exporten auf. Den anderen soll das mit dem Argument verwehrt werden, dass sie dann ausgebeutet würden? Wirtschaftliche Entwicklung in den armen Ökonomien ist ohne Außenhandel nur schwer denkbar.

Zudem ist wirtschaftliche Entwicklung in den ärmsten Ländern, nicht zuletzt gefördert durch globalisierten Güterverkehr, eine zivilisierte Möglichkeit, die Migration in die reichen Ökonomien zu reduzieren. US-Präsident Donald Trump will mit seiner Politik jedenfalls nicht armen Wirtschaften helfen, vielmehr behauptet er, die Ärmeren in einem reichen Land vor Konkurrenz durch Importe aus armen Ländern schützen zu wollen. Jedoch steigert das gerade den Migrationsdruck. Statt der Güter würden noch mehr Arbeitskräfte in das reiche Land kommen. Der Bau der Mauer zu Mexiko ist die – vielleicht notwendige – Ergänzung zur Reduktion der Importe aus diesem Land. Dass man im reichen Land den Globalisierungsverlierern infolge der Importe auch helfen kann, indem man innerhalb des Landes umverteilt, wird von Trump gar nicht in Erwägung gezogen. Auch eine bessere Bildungspolitik würde dieser Bevölkerungsgruppe helfen.

Es sind aber nicht nur die armen Länder, für die die Globalisierung Vorteile hat. Diese gibt es auch für die reichen Länder, und zwar nicht nur für Kapitaleinkommen, die Reichen, die Konzerne. Was würden Textilien, Handys, technische Haushaltsgeräte bei uns kosten, wenn alle an deren Produktion beschäftigten Arbeitskräfte hier herrschende Löhne erhielten?

Man kann das als Ausbeutung bezeichnen. Aber wem wäre geholfen, wenn es diesen Handel nicht gäbe? Es wäre doch absurd, Arbeitsplätze mit niedrigen Löhnen bei uns zu erhalten und Arbeitsmöglichkeiten in den ärmeren Ländern zu zerstören.

Kurt Bayer führt auch die Gefährdung der Umwelt durch die Globalisierung an. Damit hat er vollkommen recht. Aber wir betrachten es als unzulässig, dieses Argument hier zu benützen. Es geht nicht an, die zusätzliche Belastung der Atmosphäre, der Weltmeere, der Wälder durch die Industrialisierung in den armen Ländern und durch den steigenden Gütertransport als Argument gegen Wirtschaftswachstum und Außenhandel in diesen Ländern anzuführen. Die reiche Welt hat gegenüber Entwicklungsländern kein Vorrecht, die Atmosphäre als Lagerplatz für von ihr ausgestoßenes CO2 zu benützen, ihr Plastik in den Meeren abzulegen und ihre Wälder bereits gerodet zu haben.

Die Globalisierung ist kein reiner Segen, sie bringt Probleme. Sicher trägt sie zu der politisch schwierigen Lage in den reichen Ländern bei. Aber dieser Reichtum hat einen Vorteil: Man kann durch gute Politik – und darum muss es gehen – diese Probleme, wenn auch nicht lösen, so doch wesentlich verringern. (Ingrid Kubin, Peter Rosner, 14.2.2017)