Macht ohne (Geburten-)Kontrolle: Sultan Mulai Ismail, genannt "der Blutrünstige", zeugte zumindest 888 Kinder.

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Washington/Wien – Sein damaliges Reich gilt als das größte der Geschichte. Und womöglich hat Dschingis Khan bis heute mehr direkte Nachkommen als jeder andere Mann, der in den vergangenen 1000 Jahren lebte: Laut einer unlängst veröffentlichten Studie könnten sechzehn Millionen der heute lebenden Männer Nachfahren des Mongolenherrschers sein, der im Jahr 1227 starb. Diesen Schluss legen genetische Analysen nahe, die nur einen Schwachpunkt haben: Die DNA von Dschingis Khan ist unbekannt.

888 bis 1171 gezeugte Kinder

Etwas konkreter sind die Kinderzahlen des marokkanischen Herrschers Mulai Ismail (1634 bis 1727). Laut dem "Guinness-Buch der Rekorde" hat er mit vier Ehefrauen und 500 Konkubinen 888 Kinder gezeugt und ist damit Rekordhalter.

Die Biologen Elisabeth Oberzaucher und Karl Grammer von der Uni Wien haben vor zwei Jahren anhand von Modellrechnungen bestätigt, dass diese Zahl durchaus plausibel ist. Laut ihren Analysen könnte der "Blutrünstige" in den 32 Jahren seiner Regentschaft sogar 1171 Kinder hinterlassen haben.

Diese zwei Beispiele legen nahe, dass der Reproduktionserfolg eines Mannes vor allem von seiner Macht und seinem sozialen Status abhängt. Doch wie ist das heute? Und wie wirkte sich ein höherer Status in egalitäreren Gesellschaftsformen wie jenen der Jäger und Sammler aus?

Metastudie auf Basis von 46 Untersuchungen

Die US-Forscher Christopher von Rueden (Uni Richmond) und Adrian Jaeggi (Emory University) gingen diesen Fragen anhand von 46 bereits publizierten Studien nach, die in 33 nichtindustriellen Gesellschaften gemacht wurden – von Jäger- und Sammlervölkern wie jenen der Hazda in Tansania oder der Yanomami im Amazonas-Regenwald bis zur Landbevölkerung Finnlands und Schwedens im 19. Jahrhundert.

Der Status wurde dabei an verschiedenen Kriterien festgemacht: körperliche Merkmale, Jagdfähigkeit, Reichtum, aber auch politischer Einfluss. Wie die beiden Anthropologen im Fachblatt PNAS schreiben, zeigte sich in allen ausgewerteten Untersuchungen ein relativ hoher Zusammenhang zwischen Status und Anzahl der Nachkommen, egal, ob die Gesellschaften vom Jagen und Sammeln oder von der Landwirtschaft oder Tierhaltung leben.

Geeignetere Partnerinnen

Laut den beiden Wissenschaftern beruhe der Reproduktionserfolg zum einen auf der Fähigkeit, viele Kinder zu zeugen, zum anderen auf dem Vermögen, diese am Leben zu erhalten. Der Status trage vor allem zu Ersterem bei. In monogamen Gesellschaften wird dies dadurch unterstützt, dass ein Mann mit hohem Status die aus biologischer Sicht "bessere" Partnerin bekommt – also etwa eine junge Frau, die oft gebären kann.

Noch sehr viel höher ist dieser Zusammenhang zwischen Status und Nachkommen freilich bei nichtmenschlichen Primaten: Während bei diesen der Korrelationskoeffizient 0,80 beträgt, liegt er bei nichtindustriellen menschlichen Gesellschaften bei 0,19.

In modernen Gesellschaften wirkt sich der Status des Mannes fast nur noch bei der Partnerwahl aus: Frauen suchen zwar nach Männern mit hohem Status. Das führt aber keineswegs zu einer größeren Anzahl an Kindern. (Klaus Taschwer, 5.9.2016)