Kritiker haben neben verfassungs- und EU-rechtlichen Bedenken zuletzt immer wieder darauf hingewiesen, dass man mit 520 Euro im Monat in Oberösterreich nicht leben könne.

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Wien / St. Pölten / Linz – Im niederösterreichischen Landtag hat am Mittwoch die Debatte über den Budgetvoranschlag für 2017 begonnen, der am Donnerstag beschlossen werden soll. Die neue Finanzlandesrätin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ging in ihrer Budgetrede auch auf die Mindestsicherung ein – aus ihrer Sicht ein zentrales Thema – und verknüpfte sie mit den Flüchtlingen. Die Kosten für die Betreuung und Integration der Flüchtlinge würden in Niederösterreich im kommenden Jahr um 81,5 Millionen Euro auf 115 Millionen steigen.

Die Mindestsicherung erfordere zusätzliche 40 Millionen Euro, eine Neuregelung sei eine Frage der Gerechtigkeit, sagte Mikl-Leitner. "Es ist niemandem zu erklären, wenn eine Mutter oder ein Familienvater durch seine tägliche Arbeit ins Sozialsystem einzahlt, damit seine Nachbarfamilie mitfinanziert, die von der Mindestsicherung lebt, und dafür am Ende mit weniger Geld dasteht als seine Nachbarn." Auch die Personalkosten für Lehrer sowie Investitionen für den Wohnbau steigen.

"Zerfall des Systems" kann nicht Ziel sein

Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) tritt für eine Deckelung bei 1.500 Euro pro Familie ein und droht mit einem Alleingang. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) unterstützt diese Position, ohne Einigung werde man einer neuen 15a-Vereinbarung nicht zustimmen. Die von der ÖVP geforderte Deckelung sei "keine unsoziale Position".

Die SPÖ spricht sich gegen eine Deckelung aus. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) will eine bundesweit einheitliche Lösung bei der Mindestsicherung. Der Zerfall dieses Systems Ende des Jahres könne nicht das Ziel sein.

Extra-Geld für Alleinerzieher

Ungeachtet dessen stimmt der Landtag in Oberösterreich am Donnerstag über die Kürzung der Mindestsicherung für Asylberechtigte ab – aller Voraussicht nach in geheimer Wahl. Offenbar hoffen Befürworter wie Gegner, aus den anderen Klubs Mandatare auf ihre Seite ziehen zu können. SPÖ und Grüne lehnen die Kürzungspläne von Schwarz-Blau ab.

Künftig soll es in Oberösterreich nur noch 365 Euro plus einen an Auflagen gebundenen Integrationsbonus von 155 Euro – also in Summe 520 Euro – statt wie bisher 914 Euro geben. Abgefedert wird das Paket durch zusätzliches Geld für Alleinerziehende, Erleichterungen beim Wohnen und einen "Jobbonus" für alle Mindestsicherungsbezieher.

"Kürzen nicht aus Jux und Tollerei"

Der Integrationsbonus wird zunächst ohne Bedingungen ausbezahlt. Um ihn zu behalten, muss man eine Integrationsvereinbarung unterzeichnen, einen Deutschkurs sowie eine Werteschulung absolvieren und arbeitswillig sein. Tut man das nicht oder verstößt gegen die Integrationsvereinbarung, etwa indem man Kinder nicht in die Schule schickt, wird der Bonus gekürzt.

ÖVP und FPÖ haben am Mittwoch ihr Modell noch einmal verteidigt. Der Beschluss sei "kein angenehmer, aber ohne Alternativen", sagte ÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer: "Wir sind nicht die harten Hunde, die aus Jux und Tollerei kürzen. Wir machen das aus Verantwortung gegenüber unseren Landsleuten."

Streit um Einsparungshöhe

Hattmannsdorfer und FPÖ-Klubchef Herwig Mahr rechneten vor, dass die Kürzung einen Kostendämpfungseffekt von mehr als 70 Millionen Euro bringen werde. Diese Zahl wird von SPÖ und den Grünen in Zweifel gezogen, hier geht man von einem Einsparungspotenzial von 17 Millionen aus.

Das UNHCR forderte den Landtag auf, die geplante Kürzung nicht zu beschließen. Die Mindestsicherung liege ohnehin bereits unter der Armutsgrenze von über 1000 Euro. Auch zahlreiche NGOs appellierten an die oberösterreichische Politik, von einer Kürzung Abstand zu nehmen. (red, 15.6.2016)