Washington/Wien – Nach der Enthüllung der "Panama Papers" machen die wichtigsten Industrie- und Schwellenländer beim Austrocknen von Steueroasen ernst. Unter Androhung von "Abwehrmaßnahmen" fordern die G-20-Finanzminister und Notenbankchefs alle Länder, Finanzzentren und Überseegebiete auf, dem automatischen internationalen Informationsaustausch zu Steuer- und Finanzdaten unverzüglich beizutreten.

"Ein Schlag mit dem Hammer gegen die, die ihre Steuern in dunklen Ecken verstecken", sagte Großbritanniens Finanzminister George Osborne. Die G-20 bekommen dafür bei der Frühjahrstagung in Washington auch Beifall von den Gastgebern – dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und Weltbank. Der Appell zeigte in Panama erste Wirkung: Nach langem Druck erklärte sich das mittelamerikanische Land zumindest zu bilateralem Austausch bereit und will auch über multilaterale Transparenz sprechen.

Die Initiative in Washington war von Deutschland und den vier weiteren europäischen Staaten Spanien, Italien, Frankreich und Großbritannien ausgegangen. Die sogenannte Gruppe der G5 will so schnell wie möglich Daten über die "wirtschaftlich Begünstigten" hinter Briefkastenfirmen und anderen Firmenkonstrukten austauschen und Firmenregister vernetzen. "Das ist der Schlüssel", sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble.

USA wollen eigene Steueroasen durchleuchten

Die US-Regierung will bald damit beginnen, die Aktivitäten der im eigenen Land existierenden Steueroasen durchleuchten zu lassen. Die Ausarbeitung entsprechender Regelungen befinde sich "in der Endphase", erklärte Finanzminister Jack Lew am Freitag (Ortszeit) in einem schriftlichen Statement in Washington.

Besonders der Bundesstaat Delaware hat das Steueroasen-Modell zu einer lukrativen Einnahmequelle für die eigene regionale Staatskasse entwickelt. In dem winzigen Staat an der US-Ostküste sind mehr als eine Million Firmen registriert – es hat damit mehr Firmen als Einwohner.

Die "Panama Papers" hatten auch die Diskussion um die Steueroasen in den USA neu belebt. Namen von bekannten US-Bürgern sind bisher kaum in den Enthüllungen aufgetaucht. Dies hängt teilweise damit zusammen, dass die USA ihre Steuerparadiese im eigenen Land haben. Auch zahlreiche ausländische Unternehmen haben Ableger in den US-Steueroasen.

"Zu Lasten der Gerechtigkeit"

Nach Angaben des US-Finanzministers sollen nun die Banken dazu verpflichtet werden, die wahren Eigentümer neu gegründeter Firmen zu identifizieren, die ein Konto eröffnen wollen. Bisher sind die US-Banken nur in sehr allgemeiner Form dazu verpflichtet, "ihre Kunden zu kennen", so dass sie in der Praxis nicht daran gehindert sind, Geschäftsbeziehungen zu Briefkastenfirmen zu pflegen.

"Steuerflucht und Steuervermeidung beschädigen die Staatshaushalte, gehen zu Lasten der Gerechtigkeit in unseren Steuersystemen und behindern das globale Wachstum", erklärte Finanzminister Lew. Sein Ministerium hatte bereits zu Beginn des Monats mitgeteilt, dass es an Regelungen gegen die verborgenen Aktivitäten in den heimischen Steueroasen arbeite.

Schelling über Vorstoß erfreut

Dass die G-20 im Lichte der Panama-Papiere den Steueroasen das Wasser ablassen wollen, freut auch Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP). Er und Notenbank-Gouverneur Ewald Nowotny, beide derzeit ebenfalls in Washington bei den IWF- und Weltbank-Tagungen, sind sich aber auch einig, dass ein weltweites Register für Scheinfirmen wirklich für alle gelten müsse.

Schelling meinte im Ö1-"Morgenjournal" am Samstag, es müsse verhindert werden, dass eine Steueroase schließe und eine neue aufmache. Nowotny zufolge gebe es die Erfahrung, dass es vor allem auch darum gehe, wie denn die Regeln angewandt würden. "Da wird man sehr genau überprüfen müssen, was einzelne Staaten machen", so der Nationalbank-Gouverneur.

Scharfe Kritik an Österreich

Der Finanzminister sieht Österreich gar als Vorreiter Richtung weltweites Register für Briefkastenfirmen und Trusts. Dieses habe man im Herbst 2014 im Zuge des automatischen Informationsaustausches gefordert, "nur hatten wir keine Mehrheit". Nun unterstütze man die Pläne zu 100 Prozent, so Schelling.

Indes berichtete das Nachrichtenmagazins "profil" am Samstag im Voraus, dass sich Österreich auf scharfe Kritik der international tätigen Financial Action Task Force (FATF) gefasst machen muss – und zwar wegen teils gravierender Defizite im Bereich der Geldwäscheprävention. Die Ergebnisse einer sogenannten Länderprüfung Österreichs liege schon mehreren Ministerien in Form eines Rohberichts vor, obwohl sie erst im Juni veröffentlicht werde.

Wenig Verurteilungen

Demnach ortet die FATF laut dem Vorausbericht unter anderem eine mangelnde Effektivität der Geldwäschemeldestelle im Bundeskriminalamt sowie eine auffallend geringe Anzahl an Geldwäsche-Verurteilungen durch die Gerichte, was hinterfragt wird. Auch die Gewerbeaufsicht wird etwa im Handel mit Edelmetallen kritisch beleuchtet, so "profil". Zum Inhalt des Rohberichts wollte sich kein Ministerium äußern, schreibt das Magazin.

Eine Sprecherin des Bundeskriminalamts wird so zitiert, dass der FATF-Länderbericht noch nicht endgültig sei. "Er wird derzeit noch endbesprochen, im Sommer wird er veröffentlicht. Grundsätzlich ist es aber richtig, dass er kritisch sein wird." Laut der BKA-Sprecherin "wird es einige Änderungen sowohl auf legistischer als auch technischer Art geben müssen. Die Vorarbeiten sind diesbezüglich bereits eingeleitet." (APA, 16.4.2016)