Bild nicht mehr verfügbar.

Steuerparadies Virgin Islands: Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien und Italien wollen gegen Briefkastenfirmen vorgehen

Foto: AP/Todd VanSickle

Wahington – Am Rande der anlaufenden Frühjahrstagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) in Washington haben die fünf wichtigsten EU-Länder am Mittwochabend eine neue Initiative im Kampf gegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche vorgestellt.

Die Finanzminister Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, Spaniens und Italiens wollen einen automatischen Datenaustausch starten, um die wahren wirtschaftlichen Berechtigten von Briefkastenfirmen identifizieren zu können. Die Voraussetzung dafür ist, dass zunächst nationale Register geschaffen werden. In diesen soll festgehalten werden, wie die wahre Eigentümerstruktur von Unternehmen, Trusts und sonstigen Gesellschaften aussieht. Dies ist in der EU ab 2017 ohnehin geplant. Neu ist aber, dass der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble und seine Kollegen vorschlagen, diese Daten länderübergreifend zwischen den Finanzbehörden auszutauschen.

Pilotprojekt

In einem ersten Schritt wolle die fünf Länder ein Pilotprojekt starten, Ziel ist es aber, einen weltweiten Datenaustausch in Gang zu bringen, so Schäuble. Die Initiative ist eine Folge der Enthüllungen aus den Panama-Papers, die gezeigt haben, wie zehntausende Briefkastenfirmen dazu genutzt wurden, um die tatsächlichen Vermögensverhältnisse von Oligarchen, Unternehmern, Sportlern und Politikern zu verschleiern.

Allerdings ist nicht ganz klar, welche Transparenzvorteile die von Berlin gestartete Initiative genaue bringen würde. So stellte der britische Finanzminister George Osborne in Washington vor Journalisten klar, dass die britischen Überseegebiete und die Kanalinseln nicht am automatischen Austausch der fünf Länder teilnehmen werden. Die British Virgin Islands und die Caymans zählen zu den größten Steueroasen, vor allem wegen der dort bestehenden zehntausenden Brieflastenfirmen und Trusts.

OECD-Standard

Die Industriestaatenorganisation OECD hat zudem einen globalen Standard ausgearbeitet, mit dem ab 2017/2018 steuerrelevante Daten von Privatpersonen und Unternehmen grenzüberschreitend ausgetauscht werden. Erfasst werden Dividenden- und Zinszahlungen ebenso wie Veräußerungsgewinne. 100 Staaten wollen mitmachen. Dabei werden Finanzdienstleister und Banken verpflichtet, ihre Kunden zu durchleuchten. Sie müssen also ohnehin die wirtschaftlich Berechtigten hinter einem Konto an die ausländische Finanz melden. Es gibt daher Steuerexperten wie den Briten Mark Morris, die der Ansicht sind, ein Datenaustausch mit einem Transparenzregister schaffe keine wesentlichen Vorteile. Viel wichtiger sei die Frage, ob das neue System in der Praxis überhaupt funktioniert.

Auf Nachfragen des STANDARD dazu sagte OECD-Generalsekretär Jose Angel Gurria in Washington dazu, dass die neue Initiative als ein zusätzlicher Mechanismus gedacht sei, um auch sicherzustellen, dass alle Briefkastenfirmen und ihre Vermögen erfasst werden können. Gurria sagte auch, dass Panama nun zugesagt habe, sich dem schon geplanten Steuerdatenaustausch anzuschließen. Eine ähnliche Zusage hatte das Land schon gemacht – dann aber wieder zurückgezogen. (András Szigetvari aus Washington, 14.4.2016)