Zu den Zuständen in dem Heim für Schwerstbehinderte Konradinum sind neuerlich zwei Gerichtsbeschlüsse ergangen.

Foto: Land Salzburg

Salzburg – In der Causa des Behindertenheims Konradinum, bei dem Bewohnervertreter seit Monaten auf Missstände hinweisen, sind zwei Gerichtsbeschlüsse ergangen. Das Bezirksgericht hat erneut die Dauermedikation von zwei Bewohnerinnen des Salzburger Heims für Schwerstbehinderte bis zum Datum der Beschlussfassung für unzulässig erklärt.

Begründet wurde dies damit, dass bis dato nicht die erforderlichen pädagogischen Mittel getroffen wurden. Eine Zulässigkeit der Medikation für die Zukunft wurde zeitlich begrenzt und mit der Auflage verbunden, dass individuelle Förderkonzepte erstellt und umgesetzt werden müssen.

Bereits im August 2015 beurteilte das Gericht die Medikation als unzulässige Freiheitsbeschränkung. Seither habe sich nicht viel getan, sagt Alexandra Niedermoser vom Verein Vertretungsnetz – Bewohnervertreter. Das Land Salzburg als Heimträger ignorierte den Gerichtsbeschluss. Deshalb mussten die Gerichtserkenntnisse eingemahnt werden.

Pädagogisches Konzept bis spätestens September

Vergangenen Freitag ist der mündliche Beschluss gefallen. Die Medikation wurde erneut für unzulässig erklärt – mit der Begründung: "Im sonder- und heilpädagogischen Bereich wurden nicht die erforderlichen Maßnahmen durchgeführt." Bis spätestens September 2016 muss nun laut Gericht ein sonder- und heilpädagogisches Konzept vorgelegt werden.

Weitere Anträge der Bewohnervertretung, wonach die Bewohnerinnen festgehalten sowie ins Zimmer oder ins Bett geschickt wurden, wurden in erster Instanz nicht als Freiheitsbeschränkung qualifiziert. Die Bewohnervertretung wartet noch den schriftlichen Beschluss ab und überlegt Rechtsmittel einzulegen.

Unzulässige Freiheitsbeschränkung

Wie der STANDARD berichtete, weisen die nach dem Heimaufenthaltsgesetz offiziell bestellten Bewohnervertreter und die Volksanwaltschaft seit Monaten auf die Missstände in dem Heim für Schwerstbehinderte hin. Die Betreuungs- und Pflegestandards würden schon lange nicht mehr der UN-Behindertenrechtskonvention und dem Heimaufenthaltsgesetz entsprechen. Neben starker Überbelegung und fehlender Geschlechtertrennung wurden vor allem die "unzulässigen Freiheitsbeschränkungen" mittels Medikamenten kritisiert.

Nach dem Aufkommen der Vorwürfe kündigte das Land den Neubau des Heims an. Auf die Kritik am Betreuungssystem reagierte der ressortzuständige Gesundheitsreferent Christian Stöckl (ÖVP) mit Gegenvorwürfen. (Stefanie Ruep, 14.03.2016)