Helene Deutsch forschte zu Sexualität und Weiblichkeit.

Foto: Sigmund Freud Privatstiftung

Lou Andreas-Salomé.

Foto: Sigmund Freud Privatstiftung

Der Rolle der Frauen bei der Entwicklung der Psychoanalyse widmet sich derzeit eine Sonderausstellung im Sigmund-Freud-Museum. Das ist ein erfreuliches, wenn auch nicht einfaches, da sehr facettenreiches Unterfangen. Die Ausstellung wählt den Weg von sechs Einzelporträts: Anna Freud, Marie Bonaparte, Helene Deutsch, Emma Eckstein, Lou Andreas-Salomé und Sabina Spielrein werden in Leben und Werk vorgestellt.

Anna Freud, der Tochter Sigmund Freuds, kommt dabei auch platzmäßig eine Sonderstellung zu: Ihr sind zwei Räume der Ausstellung gewidmet, die sie vor allem als Pädagogin, die psychoanalytische Erziehungsmethoden auch sozial Schwachen zugänglich machen wollte, vorstellen. So wird unter anderem an ihre Gründung der "Jackson-Krippe" im Jahr 1937 am Wiener Rudolfsplatz erinnert.

Nicht ausgespart bleibt in diesem Zusammenhang aber auch, warum das Thema der "Kinderanalyse" eine weibliche Domäne war und fast ausschließlich den Psychoanalytikerinnen der ersten Generation überlassen wurde: So revolutionär die Psychoanalyse in ihren Anfängen war, so konservativ übernahm sie das Rollenbild, dass Frauen besser mit Kleinkindern umgehen können.

Von der Couch auf den Sessel

So ist die Geschichte der Frauen in der Psychoanalyse immer auch eine solche der Emanzipation: auch jener von der Couch auf den Sessel dahinter. So geschehen zum Beispiel bei Sabina Spielrein, die erst Patientin von C. G. Jung war, dann selbst Ärztin und Psychoanalytikerin wurde.

Es ist wahrscheinlich der Kraft des Bewegtbildes geschuldet, dass bei der Vorstellung Spielreins ihr Dasein als Patientin in der Ausstellung zu sehr im Vordergrund steht: Werden doch auf zwei Bildschirmen Ausschnitte aus David Cronenbergs "Eine dunkle Begierde" und Elisabeth Mártons "Ich hieß Sabina Spielrein" gezeigt, die sie vor allem als Patientin mit "hysterischen" Symptomen zeigen. Die Schautafel daneben, die sie als eine der ersten Psychoanalytikerinnen vorstellt, die sich in den 1920er-Jahren mit der Bedeutung des Spracherwerbs des Kindes in Verbindung zwischen Denken und Sprache beschäftigt, geht daneben fast unter.

Acht Daten

Auch den anderen Protagonistinnen ist jeweils eine Tafel gewidmet, auf der jeweils acht wichtige Daten aus Leben und Werk vorgestellt werden. Dass diese nicht chronologisch angeordnet sind, trägt nicht zur Lesbarkeit bei. Warum nur acht, mag man sich anfangs denken, aber im Fortschreiten der Betrachtung wird klar, dass bei sechs Lebensgeschichten eine Beschränkung notwendig war: Schon so sprengt die Fülle der Informationen fast das Fassungsvermögen.

Eine mögliche Lösung: mehrmals in die Ausstellung gehen und sich jeweils nur zwei der Vorgestellten vornehmen. Zum Beispiel Marie Bonaparte, die eine enge Freundschaft zu Freud verband und die in den 1930er-Jahren als eine der Ersten die Konsequenzen der Beschneidung von Frauen in Afrika erforschte. Oder Emma Eckstein, Frauenrechtlerin, Autorin und Psychoanalytikerin, die weit mehr als nur die Vorlage für den "Irma-Traum" war: Sie betonte zum Beispiel in ihrer Schrift "Die Sexualfrage im Leben des Kindes" schon 1904 die Wichtigkeit der sexuellen Aufklärung.

Oder Helene Deutsch, Psychiaterin und Psychoanalytikerin, die zu Sexualität und Weiblichkeit forschte und schrieb und 1935 in die USA in die Emigration ging. Daneben Lou Andreas-Salomé, auf deren Schautafel mit einem Text über Narzissmus einen passenderweise das eigene Spiegelbild ansieht. Wird ihnen allen mit nur acht Einträgen nicht Unrecht getan? Wird in der Verkürzung und bisweilen gewagten Kombination nicht zu viel angerissen und nicht ausgeführt? Nicht wenn man die Ausstellung als Anfang betrachtet und als Anregung, sich weitergehend zu informieren. (Tanja Paar, 6.1.2016)