Eine Angelobung von FPÖ-Chef Strache lässt sich Griss offen: "Dann wird man sehen."

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"Jeder Beitrag wird offengelegt, es gibt keine anonymen Spenden."

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"Das Minimum sind 500.000 Euro. Man braucht einen Apparat, ein Team, da rede ich noch nicht von einer großen Kampagne."

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"Ich bin parteilos, das ist mein größtes Plus."

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"Ich finde es immer noch besser, jemand reagiert sich im Internet ab, als er zündet ein Asylwerberheim an."

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"Das ist dann ja keine Diskussion mehr, sondern ein sich gegenseitiges Beschimpfen."

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"Ich finde schon, dass eine Gesellschaft das aushalten muss."

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"Aber die besonderen Gemeinheiten, die lasse ich nicht an mich heran."

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STANDARD: Sie hatten ein Hearing bei den Neos und eines bei der FPÖ. Wo hat es Ihnen besser gefallen?

Griss: Das ist keine Frage des Gefallens. Es war jedes Mal spannend, ich habe mich bemüht, die Fragen ehrlich zu beantworten. Die Neos-Abgeordneten hat sehr der Untersuchungsausschuss interessiert, bei der FPÖ ging es mehr um Neutralität und Südtirol.

STANDARD: Eine Frage, die immer wieder kommt und auch Freiheitliche interessiert: Würden Sie als Bundespräsidentin Heinz-Christian Strache als Kanzler angeloben?

Griss: Der Bundespräsident ist an die Verfassung gebunden, er ernennt den Bundeskanzler, der muss natürlich das Vertrauen des Parlaments haben. Davon hängt es ab, ob eine funktionsfähige Regierung gebildet werden kann.

STANDARD: Sie drücken sich um die Antwort.

Griss: Ich würde mir als Bundespräsidentin genau anschauen, wer in ein hohes Staatsamt kommt, das gilt auch für Minister. Ich glaube schon, dass die Bundespräsidentin darauf hinwirken kann, dass wirklich qualifizierte Personen in diese Positionen berufen werden.

STANDARD: Sie drücken sich immer noch um die Frage, ob Sie Strache angeloben würden.

Griss: Das ist die Verfassungslage.

STANDARD: Sie wissen doch, wer Strache ist, Sie müssten sich ein Urteil zutrauen.

Griss: Das hängt doch davon ab, mit welchem Programm eine Regierung antritt. Ich habe mich bei der FPÖ sehr dafür ausgesprochen, dass man einen Stil verwendet, der nicht als verhetzend empfunden werden kann. Dann wird man sehen.

STANDARD: Sie haben sich von Strache also noch kein endgültiges Bild gemacht?

Griss: Nein, das ist auch nicht möglich. Wenn ich in diese Situation komme, werde ich mir das genau anschauen.

STANDARD: Wer sind denn Ihre Geldgeber, die Sie zu einem Antreten ermutigen?

Griss: Die Finanzierung wird völlig transparent ablaufen. Jeder Beitrag wird offen gelegt, es gibt keine anonymen Spenden.

STANDARD: Wie viel Geld braucht man denn, um einen vernünftigen Wahlkampf führen zu können?

Griss: Das Minimum sind 500.000 Euro. Man braucht einen Apparat, ein Team, da rede ich noch nicht von einer großen Kampagne.

STANDARD: Vielleicht finden sich genügend Sponsoren für eine große Kampagne.

Griss: Es wird kein Geld zurückgewiesen. Die Bedingung ist, dass es offengelegt wird. Aber an die Kampagnen der Parteien, die sechs oder acht Millionen ausgeben, werden wir nicht herankommen.

STANDARD: Was ist dann Ihr Plus, mit dem Sie den finanziellen Aufwand der anderen Kandidaten wettmachen könnten?

Griss: Ich bin parteilos, das ist mein größtes Plus. Die Menschen haben das Gefühl, dass sich etwas ändern muss, sie wünschen sich, dass jemand von außen kommt. Das schließt natürlich auch die Gefahr ein, dass Hoffnungen nicht erfüllt werden können. Aber ich mache niemandem etwas vor.

STANDARD: Eigentlich müsste man auch über die Abschaffung des Amtes diskutieren.

Griss: Man kann über alles diskutieren. Aber das würde eine Volksabstimmung voraussetzen, das wäre eine Gesamtänderung der Bundesverfassung. Ich strebe das nicht an.

STANDARD: Was kann denn der Bundespräsident oder die Bundespräsidentin ausrichten?

Griss: Der Bundespräsident hat nur die Macht des Wortes. Er ist nicht der Regierungschef, er macht auch nicht die Gesetze und kann sich nicht aktiv in die Politik einmischen. Aber er kann Themen aufgreifen, er kann Diskussionen einmahnen, er kann auch Mut machen, Lösungen zu suchen. Er kann entgegentreten, wenn Ängste geschürt oder unrealistische Hoffnungen geweckt werden.

STANDARD: Macht das der derzeitige Präsident ausreichend?

Griss: Jeder hat seinen eigenen Stil. Es gibt zwei Möglichkeiten: Man kann entweder in der Öffentlichkeit stark wirken oder hinter den Kulissen stark wirken. Ich bin überzeugt, dass sich der Bundespräsident in dem Maß einbringt, in dem er das für richtig hält.

STANDARD: Das ist aber eine sehr diplomatische Antwort.

Griss: Der Bundespräsident muss auch ein Diplomat sein.

STANDARD: Welchen der möglichen Gegenkandidaten – Erwin Pröll, Rudolf Hundstorfer oder Alexander Van der Bellen – fürchten Sie am meisten?

Griss: Ich fürchte nichts und niemanden. Ich bin ein ziemlich furchtloser Mensch. Ich lasse das auf mich zukommen.

STANDARD: Wo würden Sie sich selbst politisch einordnen? Katholisch-liberal, eher auf der konservativen Seite, kommt das hin?

Griss: Ich bin für Ordnung, für Sicherheit, ich bin für den Rechtsstaat, aber ich bin auch gesellschaftspolitisch liberal.

STANDARD: Von allem ein bisschen. Ordnung und Rechtsstaat verbindet man eher mit rechts ...

Griss: Ja, ja.

STANDARD: ... und gesellschaftspolitisch liberal mit links. Wie halten Sie es mit der Adoption durch homosexuelle Paare?

Griss: Bei der Adoption muss immer entscheidend sein, dass ein Kind ein Zuhause bekommt, dass es liebende Eltern hat, die dem Kind eine Zukunft geben.

STANDARD: Und wenn das zwei Männer oder zwei Frauen sind ...

Griss: Dann ist das in Ordnung. Die sexuelle Orientierung ist da nicht entscheidend.

STANDARD: Halten Sie es für zulässig, über Obergrenzen für die Aufnahme von Flüchtlingen zu reden?

Griss: Diese Diskussion veranlasst mich ja gerade dazu, mich um eine Kandidatur zu bemühen. Die Polarisierung, die hier eingetreten ist, ist ein Schaden für die Gesellschaft, hier wird ein Graben aufgerissen. Es gibt keine einfache Antwort. Die Antwort kann weder sein, es dürfen alle kommen, noch, es müssen alle draußen bleiben. Wenn es Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention sind, müssen sie aufgenommen werden. Das ist ein Menschenrecht. Aber wir verwechseln oft Asyl mit Einwanderung. Bei der Einwanderung ist es anders, da muss der Staat bestimmen, wer kommen soll, welche Qualifikation wir brauchen und wie viele Menschen wir sinnvoll integrieren können. Wir enttäuschen ja auch die Hoffnungen derjenigen, die kommen. Der weitaus überwiegende Teil kommt ja nicht deshalb, weil er hier die Mindestsicherung beziehen will. Das sind Menschen, die sich etwas aufbauen wollen. Und eine Gesellschaft hat beschränkte Möglichkeiten, solchen Menschen eine Chance zu geben. Das muss man im Blick haben.

STANDARD: Aber eine Obergrenze ist für Sie nicht diskutabel?

Griss: Bei den Flüchtlingen ist das nicht diskutabel, bei der Einwanderung muss es das geben.

STANDARD: Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel steht für die Haltung, dass Flüchtlinge willkommen sind. Sie propagiert: "Wir schaffen das." Wie sehen Sie das?

Griss: Zum Zeitpunkt, als Merkel das zum ersten Mal gesagt hat, Anfang September, war es absolut verständlich. Es war wichtig, den Menschen in ihrer Not zu helfen. Als Politiker muss man aber auch das allgemeine Interesse mitberücksichtigen. Ein Politiker muss ein Verantwortungsethiker sein. Es ist schön und christlich, wenn man der Gesinnung folgt. An moralischen Maßstäben gemessen ist es richtig. Aber man muss auch sehen, was für eine gewaltige Herausforderung das für die Gesellschaft ist. Man sieht es auch in Deutschland, dass man doch nach einem Weg suchen muss, um zu einer Begrenzung zu kommen.

STANDARD: Damit es kein Missverständnis gibt: Sie meinen, dass sich die Politik auch nach der Meinung der Bevölkerung richten muss?

Griss: Ich bin auch dafür, die Leute zu motivieren. Aber ich muss auch Rücksicht darauf nehmen, wozu die Menschen realistischerweise fähig sind. Das ist auch eine Frage der Information, der Kommunikation. Wer in prekären Verhältnissen lebt, der sieht hier möglicherweise eine Gefahr und eine Konkurrenz. Auch der, der vor kurzem zugewandert ist und dabei ist, sich eine Existenz aufzubauen, wird skeptisch reagieren. Der, der in komfortablen Verhältnissen lebt, der keine Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt zu befürchten hat, für den schaut es anders aus. Ein Politiker muss für alle da sein. Er muss um Verständnis werben, aber er darf die Menschen auch nicht überfordern.

STANDARD: Im Internet wird diese Debatte in voller Härte geführt, da überwiegen Aggressionen und Vorurteile. Haben Sie eine Erklärung dafür?

Griss: Ich glaube, dass die Anonymität eine große Rolle spielt. Unter diesem Deckmantel sagt man manches, was man nie jemanden ins Gesicht sagen würde. Ich habe das an der Uni in meinen Lehrveranstaltungen mit den Studenten diskutiert, da gab es beide Ansichten. Die einen sagen, die Anonymität muss bleiben, das gehört zum Internet. Jeder muss alles sagen können, was er denkt. Andere finden, das führt zu Kränkungen und Verletzungen, es bringt auch nichts, wenn man die Diskussion auf dieser Ebene führt. Das ist dann ja keine Diskussion mehr, sondern ein sich gegenseitiges Beschimpfen.

STANDARD: Was ist Ihre Meinung?

Griss: Ich finde es immer noch besser, jemand reagiert sich im Internet ab, als er zündet ein Asylwerberheim an. Oder er schlägt jemanden nieder, ganz ehrlich. Und ich muss es ja nicht lesen. Aber ich sehe natürlich, dass dieser Austausch von Gemeinheiten auch eine Vorstufe von Handlungen sein kann, das ist das Problematische dabei. Die Meinungsäußerungsfreiheit ist ein ganz hohes Gut. Aber man sollte sich auch im Internet um eine zivilisierte Sprache bemühen. Ich würde nicht so weit gehen, dass ich sage, die Anonymität muss man abschaffen. Ich finde schon, dass eine Gesellschaft das aushalten muss.

STANDARD: Haben Sie sich schon über kritische Postings geärgert?

Griss: Wenn ich selbst einen Fehler gemacht habe und mir sagen muss, das hätte ich mir sparen können, dann ärgere ich mich. Wenn es aber unqualifizierte Vorwürfe sind oder etwas frei erfunden ist, das berührt mich nicht, das ignoriere ich. Die Postings sind schon auch ein gewisses Feedback, man sieht, wie etwas aufgenommen wird. Aber die besonderen Gemeinheiten, die lasse ich nicht an mich heran. (Michael Völker, 17.12.2015)