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Innenministerin Johanna Mikl-Leitner legte am Dienstag neue Pläne für den Kampf gegen potenzielle Terroristen vor

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Wien – Nach den Terroranschlägen von Paris schielte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bereits intensiv auf die Möglichkeiten der französischen Sicherheitskräfte. Diese verhängten einen dreimonatigen Ausnahmezustand, zahlreiche als potenziell gefährlich eingestufte Menschen wurden präventiv unter Hausarrest gestellt. Auch für Österreich konnte sie sich Hausarrest oder Fußfesseln für potenzielle Terroristen vorstellen, was aber sowohl von der SPÖ als auch von Rechtsexperten kritisiert wurde.

Nun verzichtet man auf einen derartigen Eingriff in Grundrechte. Die Strafrechtlerin Susanne Reindl-Krauskopf von der Uni Wien wurde aber beauftragt, mit anderen Experten zu prüfen, wie Österreich im Vergleich mit anderen Staaten aufgestellt sei und ob es Regelungen für die Verhängung eines Notstands oder Ausnahmezustands brauche.

Meldepflichten

In einem ersten Schritt sollen aber Meldepflichten für potenziell gefährliche Personen eingeführt werden, die zwar unter Beobachtung stehen, bei denen die Verdachtslage aber nicht für strafrechtliche Ermittlungen ausreicht. Vorbild ist eine Regelung für Fußball-Hooligans. Wer im Zusammenhang mit Gewalt und Rassismus bei Sportgroßveranstaltungen bereits einmal belangt wurde, kann seit 2008 von der Polizei mit einer Meldepflicht belegt werden.

Konkret dürfen die Sicherheitskräfte per Bescheid anordnen, dass sich ein Hooligan zu einem bestimmten Zeitpunkt (also während eines Matches) bei einer Dienststelle einzufinden hat.

Zuerst Gefährderansprache

Was heißt das nun umgelegt auf Syrien-Heimkehrer, von denen es rund 70 gibt? Zunächst ist im Sicherheitspolizeigesetz eine sogenannte "Gefährderansprache", also eine Vorladung durch die Sicherheitsbehörden geplant. Wer dieser Verpflichtung nicht Folge leistet, kann von der Polizei zwangsvorgeführt werden. Hier soll eine Belehrung über "rechtskonformes Verhalten" sowie eine Ersteinschätzung erfolgen, ob Maßnahmen zur Deradikalisierung oder auch eine psychologische Betreuung nötig sind. Zielgruppe sind Personen, bei denen "insbesondere wegen vorangegangener verfassungsgefährdender Angriffe" anzunehmen sei, sie würden "einen derartigen Angriff" begehen.

Darauf aufbauend kann dann per Bescheid angeordnet werden, "sich ein- oder mehrmals innerhalb eines Zeitraums von längstens sechs Monaten bei einer Sicherheitsdienststelle zu melden". Zur Anwendung könne dies beispielsweise während politischer Demonstrationen kommen, heißt es im Innenministerium. Bei Nichterscheinen droht dann eine Geldstrafe von 500 Euro, im Wiederholungsfall sind es 2300 Euro. In der präventiven Belehrung sieht das Innenministerium ein "Instrument zur Verhinderung von terroristisch, ideologisch oder religiös motivierten Straftaten".

Der Gesetzesentwurf, der dem STANDARD vorliegt, wurde am Dienstag bereits der SPÖ übermittelt. Eine nähere Beurteilung wollte man dort noch nicht vornehmen. Allerdings sprach sich auch SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder zuletzt bereits für verstärkte Meldepflichten aus.

Kritik von Funk

Der Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk sieht das Vorhaben jedenfalls durchaus problematisch. Es sei fraglich, ob man nur aus der Tatsache, dass jemand aus Syrien zurückkehre, eine Meldepflicht ableiten könne. "Die Frage ist auch, ob das Sinn macht. Derjenige, der einen Anschlag plant, wird sich wohl nicht melden", so Funk im STANDARD-Gespräch. Funktionieren könne die Regelung also nur, wenn die Polizei in der Lage wäre, Personen ständig zu überwachen. Das sei aber wiederum nur zulässig, wenn es einen konkreten Verdacht gibt, aufgrund dessen dann ohnehin strafrechtliche Maßnahmen möglich wären. "Aus rechtsstaatlicher Sicht stellt sich daher die Frage, ob es sich um eine vollziehbare und wirksame Maßnahme handelt", sagt Funk.

Sein Kollege Heinz Mayer hält die Meldepflicht hingegen für zulässig. Komme man nach der Gefährderansprache zu dem Ergebnis, dass ein Gefährdungspotenzial vorliege, sei eine solche polizeiliche Überwachungsmaßnahme wohl im Bereich des Möglichen. (Günther Oswald, 1.12.2015)