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Will nächste Woche Vorschläge zur Terrorprävention präzisieren: Mikl-Leitner (ÖVP).

foto: apa / helmut fohringer

Wien – Seit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) potenzielle Jihadisten zu Hausarrest und Fußfesseln vergattern will, tun sich in der Koalition neue Differenzen auf: Anfang kommender Woche will sie ihre konkreten Vorschläge zur Terrorprävention für Personen präsentieren, über die keine U-Haft verhängt werden kann, wie Mikl-Leitner auf Ö1 präzisierte. Denn nach den Pariser Anschlägen dürften "keine Denkverbote" herrschen, meint die Ministerin – und angesichts der verhängten Hausarreste in Frankreich solle diese Möglichkeit auch für Österreich diskutiert werden.

SPÖ für verstärkte Meldepflicht

SPÖ-Klubchef Andreas Schieder hält den Vorstoß von Mikl-Leitner jedoch für "nicht sehr ausgegoren", denn für ihn "gehören Jihadisten ins Gefängnis". Vorstellen kann sich Schieder höchstens verstärkte Meldepflichten für mögliche Gefährder.

Angesichts der heiklen Materie plädierte Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) dafür, die vorgesehenen Maßnahmen zunächst regierungsintern zu diskutieren, um sich abzustimmen.

Verständigung von Uno und Europarat nötig

Kein Wunder: Wie schon Verfassungsrechtler Heinz Mayer hegt auch Manfred Nowak, Menschenrechtsexperte der Uni Wien, im STANDARD-Gespräch Bedenken, dass über mögliche Terroristen ohne eine akute, aktuelle Gefährdungslage Hausarrest verhängt werden kann, denn: "Der Unterschied zwischen Hausarrest und Haft ist nicht sehr groß."

Grundsätzlich widerspricht ein solches Vorgehen ohne jeglichen Verdacht einer bereits begangenen Straftat nämlich Artikel 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention, dem Recht auf persönliche Freiheit. Wer in dringendem Verdacht steht, bereits eine Straftat begangen zu haben, darf von der Polizei hierzulande bloß 48 Stunden festgenommen werden – und muss einem Richter zur Anhörung vorgeführt werden.

Erst in Situationen, in denen – wie zuletzt in Frankreich – der Ausnahmezustand verhängt wird, kann ein Staat demokratischen Zuschnitts "Derogationsmaßnahmen" ergreifen, also das vorübergehende Aussetzen einzelner Rechte der EMRK festlegen, wie es beim Verhängen von Hausarrest über Verdächtige der Fall wäre – und darüber müssen schleunigst Europarat und Uno verständigen werden.

Fußfesseln leichter anzuwenden

Rechtsstaatlich seien Fußfesseln für gefährliche Personen leichter anzuwenden, weil dies nur eine "Einschränkung der Bewegungsfreiheit" bedeutet. Allerdings, so gab Schieder zu bedenken: Eine Fußfessel würde wohl keinen Extremisten vor einem Selbstmordanschlag abhalten. (Nina Weißensteiner, 23.11.2015)