Linz – Der Ruf von Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) nach einem "Kurswechsel" der SPÖ in der Asylpolitik stößt auf wenig Begeisterung bei seinen Parteikollegen. Wiens Bürgermeister Michael Häupl etwa sprach am Dienstag von relativ inhaltsleeren Zurufen, auch Oberösterreichs Landesparteichef Reinhold Entholzer hält "absolut nichts" von Niessls Forderung nach einer härteren Gangart. Bundeskanzler Werner Faymann machte seinen Parteikollegen auf bereits bestehende Initiativen in der Türkei und in Spielfeld aufmerksam.

Niessl sprach sich in einem Interview mit der "Kronen Zeitung" für eine Trennung von Wirtschafts- und Kriegsflüchtlingen aus. "Wir können doch nicht glauben, dass wir jedes Jahr 100.000 Flüchtlinge aufnehmen und in weiterer Folge die Integration zu 100 Prozent und ohne Probleme funktionieren wird", sagte er.

Wiens Bürgermeister Häupl hält von einem Kurswechsel in der Asylpolitik der SPÖ wenig. Er sei ja grundsätzlich bereit, über alles zu diskutieren. "Aber ich hätte gerne die Koordinaten dieses neuen Kurses gehört. Zurufe, die relativ inhaltsleer sind, helfen uns nicht weiter". Es wäre wichtig, dass alle Bundesländer einmal ihre mit dem Bund vereinbarte Unterbringungsquote erfüllten, forderte Häupl einmal mehr.

Kein Stirnband

Im Hinblick auf der von Niessl geforderten Differenzierung zwischen Wirtschafts- und Kriegsflüchtlingen hat Häupl allein schon bei der Machbarkeit Zweifel: "Nachdem niemand auf seinem Stirnband 'Wirtschaftsflüchtling' oder 'Kriegsflüchtling' draufstehen hat, wird das schwierig sein." Eine Erstellung konkreter Staatenlisten hält der Wiener Bürgermeister ebenso für nicht zielführend.

Von einem nötigen "Kurswechsel" will auch Kärntens SPÖ-Chef Peter Kaiser nicht sprechen, wohl aber hat er sich am Dienstag vor Journalisten für schnellere Asylverfahren und Abschiebungen von jenen, denen kein Asyl zusteht, ausgesprochen. "Die Genfer Flüchtlingskonvention ist zu erfüllen."

Schnellere Verfahren

Für schnellere Asylverfahren brauche es mehr Personal, sagte Kaiser. Um Abschiebungen zu erleichtern, soll es eine EU-weite Liste mit sicheren Drittländern geben, mit denen man auch Rückführungsabkommen hat. Eine Unterscheidung zwischen Wirtschafts- und Kriegsflüchtlingen an der Grenze nach deren Pass hält Kaiser aber nicht für sinnvoll. Tatsächlich werde nämlich nach Pässen unterschieden und diese können gefälscht werden.

"Absolut gar nichts" hält Oberösterreichs SPÖ-Landesparteichef Entholzer von den Forderungen Niessls. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass an der Grenze jemand zwischen einem politischen und einem Wirtschaftsflüchtling unterscheiden kann", sagte auch er. Die Lösung des Flüchtlingsproblems könne nur innerhalb Europas mit einer gerechten Verteilung gelöst werden. Entholzer wiederholte seine Forderung, den "Geldhahn" jenen Ländern zuzudrehen, die sich dagegen wehren. "Wir sollten lieber einen Konfrontationskurs gegen die Verweigerer-Länder führen als gegen die Flüchtlinge."

"Weg fortsetzen"

Auch Tirols SPÖ-Chef Ingo Mayr sprach sich klar gegen eine Änderung des aktuellen SP-Kurses aus: "Die SPÖ steht für die Einhaltung der Menschenrechte und der Genfer Flüchtlingskonvention", sagte er. "Ich richte daher den klaren Appell an die SPÖ-Führung, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen".

Vorarlbergs SPÖ-Landesparteichef Michael Ritsch äußerte für Niessl zwar Verständnis und sagte: "Nach den großen Durchzugströmen durch das Burgenland ist die Lage eine andere als in Vorarlberg." Die Vorgehensweise des burgenländischen Parteikollegen, dem Kanzler medial etwas auszurichten, bezeichnete er aber als schwierig. Die Ängste der Bevölkerung müssten ernst genommen werden, für konstruktive Vorschläge sei Faymann auch jederzeit zu haben.

Obergrenze "nicht machbar"

Eine Obergrenze bei der Aufnahme von Flüchtlingen oder ein Grenzzaun seien jedenfalls keine machbaren Lösungsansätze, sagte er. "Es geht hier um Familien mit Kindern, die vor dem Krieg und dem Terror des Islamischen Staates flüchten. Sagt man dem 1001. dann, Du kannst leider nicht mehr rein?", fragte sich Ritsch und plädierte für "Denken mit ein bisschen Herz".

Ebenfalls keinen Grund für das Ändern des Parteikurses sieht der Salzburger SPÖ-Chef Walter Steidl. Für ihn wird aber ohnehin bereits zwischen Kriegsflüchtlingen und Menschen, die persönlich verfolgt werden, und Wirtschaftsflüchtlingen unterschieden – "das ist ja nichts Neues. Da braucht man den Parteikurs nicht zu ändern." Das Problem sei, die Rückübernahme von Flüchtlingen in ihre Herkunftsländer durchzusetzen. (APA, 1.12.2015)