In den Tagen nach einem Terroranschlag haben Befürworter eines starken, auf Geheimdienstarbeit gestützten Staates gute Karten: Da findet sich im Gegenzug für das vage Versprechen von mehr Sicherheit vielleicht eine Mehrheit, die Bürgerrechte einzuschränken bereit wäre.

Die Warner haben es umso schwerer. Aber sie haben aktuell ein gutes Argument: Immerhin ist Frankreich angegriffen worden, ein Land, das große geheimpolizeiliche Tradition, starke Geheimdienste und viele, viele Überwachungskameras hat.

All das hat halt am vergangenen Freitag wenig genützt.

Daher muss man sich in Österreich fragen, ob mehr Überwachungsbefugnisse für den Verfassungsschutz wirklich das geeignete Mittel sind, Terroranschläge in Österreich zu verhindern. Allerdings: Ohne die Überwachung möglicher Extremisten (und deren Kommunikation) wird man kaum konkrete Hinweise auf geplante Aktionen bekommen. Ohne Kontakte in die Szene wird man kein annähernd zutreffendes Lagebild bekommen.

Das sind nicht sehr angenehme Perspektiven: Einerseits müssen die Dienste Dinge tun dürfen, die bei normaler Polizeiarbeit verboten bleiben müssen. Andererseits darf der liberale Rechtsstaat, dem wir alle uns verpflichtet fühlen (und auf den die Republik ihre Geheimdienstler verpflichten muss), nicht einfach auf Verdacht hin losschlagen. Daher muss er das richtige Augenmaß ins Gesetz schreiben. (Conrad Seidl, 16.11.2015)