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Flüchtlinge an der österreichisch-deutschen Grenze.

Foto: APA

Sie haben sich zusammengerissen und es doch geschafft. Nach wochenlangem Streit einigten sich die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer und SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel auf einen Asylkompromiss. Das ist zunächst eine gute Nachricht, denn das schrille Gezänk um Transitzonen und angebliche "Haftlager" an den Grenzen war unerträglich. Man kann nicht in Europa einen Kompromiss finden wollen und gleichzeitig zu Hause, zwischen Berlin und München, die Fetzen fliegen lassen. Man kann auch nicht erwarten, dass all die unzähligen Helfer in dieser Ausnahmesituation immer weiter arbeiten und funktionieren, während die hohe Politik den Anschein erweckt, es gehe ihr mehr um die Eigendarstellung als um das Gemeinwohl.

Es wird nun, da wieder alle an einem Strang ziehen, also Registrierzentren für jene Flüchtlinge geben, die aus sicheren Herkunftsstaaten (vor allem vom Westbalkan) kommen. Die Überlegung, die dahintersteckt, ist nachvollziehbar. Wer kaum eine Bleibeperspektive hat, soll sich gar nicht erst einleben, da er ohnehin wieder zurückgeschickt wird. Dass Bayern gleich zwei Standorte für solche Zentren anbietet, ist auch logisch. Die Menschen kommen aus Österreich nach Deutschland, es wäre also wenig sinnvoll, sie erst einmal ins nördliche Schleswig-Holstein zur Registrierung weiterreisen zu lassen. Seehofer kann es ganz recht sein, dass jene Zentren, in denen nun für "Recht und Ordnung" gesorgt wird, auf "seinem" bayerischen Territorium stehen.

Gefahr der Illegalität

Den Praxistest müssen diese Zentren allerdings erst noch bestehen. Fraglich ist nach wie vor, ob alle Menschen, die vom Westbalkan kommen, sich dort freiwillig registrieren lassen. Es ist durchaus vorstellbar, dass viele – eben aufgrund der fehlenden Perspektive – lieber den Weg in die Illegalität wählen. Und bei allem Wunsch nach Ordnung und weniger Flüchtlingen im Land – die rechtsstaatlichen Standards müssen auf jeden Fall eingehalten werden. Abschiebungen im Husch-Pfusch-Verfahren darf es nicht geben.

Dass die Zentren aber nicht der Stein der Weisen, sondern eher ein Signal nach dem Motto "wir sind handlungsfähig und handlungswillig" sind, zeigt die Zahl 2,4. So hoch in Prozent lag im Oktober der Anteil jener Flüchtlinge, die vom Westbalkan kamen. Es sind also nicht besonders viele, was im Umkehrschluss bedeutet: Der Löwenanteil der Neuankommenden hat also mit diesen Registrierzentren gar nichts zu tun. Diese Menschen zu versorgen, zu registrieren und sie in nachvollziehbare Verfahren zu bringen (die vor allem nicht mehr so lange dauern), bleibt die schwierige Hauptaufgabe. Sie wird auch mit diesem Kompromiss nicht gleich gelöst werden, und darin liegt die nächste Herausforderung, vor allem für Seehofer: Nicht wieder so schrill zu schreien, wenn nicht gleich alles klappt. (Birgit Baumann, 6.11.2015)