Es ist nicht erwiesen, dass die Qualität der heimischen Politik wesentlich besser würde, wenn die Bürger öfter in Sachfragen mitentscheiden könnten – aber den einen oder anderen Versuch wäre es wohl wert.

Die Grünen haben dazu ganz radikale Vorstellungen, sie wollen beispielsweise bei Volksbegehren und Volksbefragungen auch Menschen miteinbeziehen, die bei Landtags- und Nationalratswahlen nicht wahlberechtigt wären. Dafür gibt es gute Argumente, schließlich könnten Ausländer Anliegen haben, die eine spezifische Behandlung rechtfertigen – und sie sind wie die österreichischen Staatsbürger von den Auswirkungen der Politik betroffen. Derzeit dürfen sie aber nicht einmal Petitionen an das Parlament richten, was wahrscheinlich verfassungswidrig ist.

Natürlich gibt es auch gute Argumente, die gegen eine Beteiligung von Ausländern an der demokratischen Willensbildung sprechen. Denn das Recht auf Mitwirkung an der österreichischen Politik ist ja einer der Anreize, überhaupt Staatsbürger zu werden.

Über der Diskussion solcher extremen Veränderungen unserer politischen Landschaft darf man aber nicht übersehen, dass in Österreich das andere Extrem vorherrscht: Instrumente der direkten Demokratie werden insgesamt mit zu großer Skepsis betrachtet – Volksbegehren bleiben in der Regel folgenlos, Volksbefragungen in der Praxis auch. Es liegt an der Parlamentsmehrheit, dies zu ändern. (Conrad Seidl, 27.10.2015)