Wien – Obwohl Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) am Dienstag nach dem Ministerrat seine Drohungen mit einem Koalitionsende von der Vorwoche so verstanden wissen wollte, dass die Regierungsparteien klarer herausarbeiten sollen, neben dem Flüchtlingsthema auch andere Themen zu haben, drehte sich bei der wöchentlichen Regierungssitzung erst recht wieder alles um den künftigen Umgang mit Schutzsuchenden.

Hundert Experten für Hotspots

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) kündigte an, dass ihr Ressort die Hälfte von den hundert angekündigten Experten für die einzurichtenden Hotspots an der Grenze zu Griechenland stellen will. "Ich hoffe, dass auch alle Mitgliedsstaaten personelle und technische Ressourcen stellen", sagte sie zu den Zentren, wo Flüchtlinge künftig registriert werden sollen. Derzeit seien bereits Experten vor Ort, um den Bedarf von Ressourcen zu ermitteln, denn es sei noch nicht klar, ob von Österreich eher polizeiliches, fremdenrechtliches oder asyltechnisches Knowhow eingebracht werden soll.

Lehrstellen für Jugendliche

Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) eine Öffnung des Arbeitsmarktes für Asylwerber erst angehen will, wenn die Verteilungsfrage sowie einheitliche Standards in der Union geklärt sind, in einigen Monaten könnte es soweit sein, kündigte er an. Außerdem wolle man zusätzliche unbegleitete Jugendliche an offene Lehrstellen zuweisen, weil es derzeit in vier österreichischen Bundesländern ein Überangebot an offenen Lehrstellen gäbe. Dazu gäbe es "klare Signale" dafür vor allem aus dem Tourismus. Die Liste an Berufen, in denen Asylwerber arbeiten können, wurde ausgeweitet (siehe Artikel hier).

Ordnung und Disziplin

Die beiden Regierungsspitzen, Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Mitterlehner, hoffen nun bei den angekündigten Registrierungszentren für Flüchtlinge an den EU-Außengrenzen auf die Kooperation sämtlicher Mitgliedsstaaten der Union. Faymann, der heute auf die griechische Insel Lesbos reist, um sich bei einem Treffen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras ein Bild über die Bedingungen des dort anvisierten Hotspots zu machen, erklärte, dass es darum gehe, "eine gewisse Ordnung und Disziplin" angesichts des Flüchtlingsandrangs hineinzubringen. "Das ist eine nicht ganz einfache Aufgabe, aber eine politisch richtige", sagte er zu den geplanten Hotspots.

Österreich werde bei der Inbetriebnahme der Registrierungszentren in Griechenland ebenso seinen Beitrag leisten, wie bei der finanziellen Unterstützung des World Food Programme der Uno mit 30 Millionen. Eine Verteilung der Flüchtlinge könne sinnvoller Weise nur in Italien oder Griechenland passieren.

Für Faymann gilt es nun, die Zeit zu nutzen, dass die Registrierungszentren noch im kommenden Frühling in Betrieb gehen. Die österreichische Unterstützung geschehe in enger Zusammenarbeit mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und der EU-Kommission.

Asyl auf Zeit als Signal

Mitterlehner verteidigte dazu den den Gesetzesentwurf seiner Parteikollegen für Asyl auf Zeit. "Nun gelte es, die Vorhaben – etwa Prüfung des Kriegsgrundes nach drei Jahren, diverse Auflagen für den Familiennachzug – mit dem Koalitionspartner SPÖ zu diskutieren und zu prüfen. Zwar gibt es seitens der SPÖ noch Vorbehalte wegen dieser Ansinnen, grundsätzlich sieht Kanzler Faymann aber in dem Gesetzesvorhaben "ein Signal". Auch das darin enthaltene umstrittene Thema Familiennachzug könne man nicht vom Tisch wischen. "Das muss man ernsthaft diskutieren", betonte er.

Ginge es nach Mitterlehner, könnte "Asyl auf Zeit" per 1. Dezember in Kraft treten. Der ÖVP-Chef erklärte, dass er hoffe, dass das Gesetz noch im Oktober ins Plenum des Parlaments gelangt. (Nina Weißensteiner, 6.10.2015)