Das Signal, das eine Einigung auf ein größeres Arbeitsmarktpaket aussenden würde, könnte Rot-Schwarz dringend gebrauchen. Es würde zeigen: Die Koalition arbeitet auch abseits der Flüchtlingsfrage. Es wäre auch ein Beweis dafür, dass beide Seiten bereit sind, über den eigenen Schatten zu springen und für die eigene Klientel unangenehme Entscheidungen zu treffen.

Auf SPÖ-Seite wird es sicher massives Grummeln geben, wenn Arbeitslosen noch längere Anfahrtswege zu offenen Stellen zugemutet werden oder wenn Arbeitstage mit zwölf Stunden häufiger vorkommen. Die schwarzen Wirtschaftsvertreter wiederum werden über die Zusatzbelastung durch den leichteren Zugang zur sechsten Urlaubswoche sowie über die diskutierten Verschärfungen im Arbeitsrecht (All-in-Verträge, Konkurrenzklauseln) klagen.

Die Frage ist aber, ob jeder Kompromiss, auch wenn er schmerzvoll ist, gleich ein guter ist – etwa am Beispiel der Kündigungsabgabe, die künftig beim Abbau von über 60-Jährigen auf bis zu 2800 Euro steigen soll. Für den Arbeitgeber ist das ein spürbarer Betrag – im Gegensatz zu den bisherigen 118 Euro, die eigentlich nur eine bürokratische Schikane sind. Der Lenkungseffekt wird sich aber trotzdem in Grenzen halten. Bei einem größeren Personalabbau wird die Firma jene Mitarbeiter kündigen, die sie für zu teuer (tendenziell ältere) oder für zu unproduktiv (auch hier sind wohl die Jüngeren im Vorteil) hält. Bei punktuellen Kündigungen sind über 50-Jährige ohnehin bereits durch die Arbeitsgerichtsbarkeit besser gestellt.

Umgekehrt kann eine höhere Kündigungsabgabe aber zu einer zusätzlichen Schere im Kopf der Arbeitgeber werden. Nach dem Motto: "Bei Älteren ist alles teurer und komplizierter, die stelle ich erst gar nicht an." Es besteht also die Gefahr, dass man am Ende das Gegenteil von dem erreicht, was man wollte – nämlich mehr ältere Beschäftigte. (Günther Oswald, 18.9.2015)