Pekings hintereinander verteilte dreifache Abwertung seines "Volksgeld" genannten Renminbi zuerst um fast zwei Prozent und einen Tag darauf noch einmal um 1,62 Prozent und am Donnerstag erneut um 1,11 Prozent war nicht nur seine höchste Abwertung seit 20 Jahren. Sie traf die Außenwelt auch überraschend. Sie weckt Misstrauen, was die größte Handelsmacht und zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt währungspolitisch weiter in petto hält.

Die Webseite von Chinas wichtigstem Referenzblatt "Cankao Xiaoxi" meldete am Mittwoch unter Berufung auf Agenturen, darunter auch Reuters, dass die Zentralbank ihren Kurs in homöopathischen Dosen fortsetzt, bis die angeblich geplanten zehn Prozent erreicht würden, die Chinas Exporte wieder wettbewerbsfähig machten.

Dominostein im Währungskrieg

Der jetzige Fall der chinesischen Währung traf die internationalen Märkte unvorbereitet. Zumal die chinesische Notenbank zuvor jede derartige Absicht von der Hand gewiesen hatte, wohl wissend, dass sie damit den ersten "Dominostein" zum globalen Währungskrieg vieler Länder kippen könnte. Zentralbank-Vizepräsident und Devisenchef Yi Gang zerstreute noch Ende Mai Währungsängste vor einer illustren Runde von Investoren mit der rhetorischen Frage, ob China aufgrund seiner sich verschlechternden Wirtschaftslage seine Währung Renminbi etwa abwerten müsste?

Er antwortete mit: "Nicht unbedingt", wie das "Wall Street Journal" unter der Überschrift "U-turn" berichtete, die die Mitschrift seiner Rede in Schanghai erhielt. Chinas Wirtschaft entwickele sich im vorgedachten Rahmen, erwirtschafte im Außenhandel Überschüsse und sitze auf enormen Devisenreserven. Also gebe es keinen Handlungsbedarf.

Währungsnotbremse

Am Mittwoch lieferte Peking nun die ernüchternden Zahlen nach, die es nun zwingen, die Währungsnotbremse zu ziehen. Alle von Yi Gang genannten Voraussetzungen haben sich verschlechtert. Chinas Einfuhren fielen etwa im Einzelmonat Juli nach Zollzahlen um 8,6 Prozent unter den Vorjahresmonatswert. Die Ausfuhren gingen sogar um 8,9 Prozent zurück. Damit verringern sich erstmals die noch immer stolzen Überschüsse im Außenhandel.

Die Devisenvorräte, derzeit noch 3,6 Billionen Dollar wert, schmolzen in den vergangenen Wochen ab. Auch alle anderen Wirtschaftszahlen für Juli, von Investitionen bis zum Konsum wuchsen langsamer als gedacht. So legte etwa die normalerweise über dem Gesamtwirtschaftswachstum liegende Industrieproduktion im Juli nur noch um sechs Prozent zu, nachdem sie im Juni schon nur 6,8 Prozent erreicht hatte.

Industrieproduktion

Insgesamt liegt die Zunahme der Industrieproduktion unter der für das erste Halbjahr genannten Zahl für das Gesamtwirtschaftswachstum von sieben Prozent. Die Richtigkeit der politisch vorgegebenen sogenannten Muss-Wachstumszahl "um sieben Prozent", die angeblich im ersten Halbjahr 2015 erreicht wurde, wird von immer mehr Wirtschaftsexperten angezweifelt.

Mittwochnacht fasste Xinhua die angespannte Wirtschaftslage so zusammen: "Unsere neuen Wirtschaftsdaten bleiben hinter den Markterwartungen zurück. Sie zeigen, dass es der Wirtschaft Chinas an Momentum fehlt und sie weiter unter Abwärtsdruck steht."

Einbruch im Paradegeschäft Automobil

Geradezu alarmierend empfindet Pekings Führung den unerwartet starken Einbruch im Paradegeschäft Automobil. Herstellung und Absatz fielen im Einzelmonat Juli erstmals um minus 11,8 Prozent in der Produktion und minus 7,12 Prozent beim Verkauf. Die noch vor zwei Jahren von doppelstelligen Zuwachsraten verwöhnte Superindustrie wuchs damit in den ersten sieben Monaten 2015 mit weniger als ein Prozent und droht über das Gesamtjahr ins Minuswachstum zu fallen. Chinas Abwertungen, die alle Welt vor den Kopf stießen, wurden vom Internationalen Währungsfonds begrüßt. (Johnny Erling aus Peking, 13.8.2015)