Laut einem Bericht des Ö1-"Morgenjournals" müssen in Traiskirchen Mütter kurz nach der Entbindung trotz Hitzewelle mit ihren neugeborenen Babys in Wohnwagen und Autobussen schlafen. Die Erwachsenen schlafen auf dem Gelände der Sicherheitsakademie (Siak) in zwölf Bussen "und auf der Erde", heißt es im Bericht.

Das Innenministerium reagierte auf den Bericht und wird diese noch am Mittwoch durch insgesamt 70 Zelte ersetzen, hieß es gegenüber der APA.

"Ich mag die Österreicher"

Bewohner klagen weiterhin über unzureichende Toiletten- und Duschanlagen und über das Essen. Es gebe "jeden Tag Brot, Sardinen und ein bisschen Milch", wird eine Frau aus dem Kongo zitiert.

"Ich mag die Österreicher, die sind sehr nett. Aber die Regierung scheint viele Probleme zu haben", so die Aussage eines Flüchtlings in dem am Mittwoch gesendeten Beitrag.

Bürgermeister: "Letztklassig"

Der Traiskirchener Bürgermeister Andreas Babler bezeichnete es im Ö1-Interview als "letztklassig", wie Menschen hier leben müssten. "Das hat sich eine Republik wie Österreich nicht verdient." In den Bussen habe es teilweise 60 Grad, dazu komme eine Luftfeuchtigkeit, die "nicht auszuhalten" sei.

Dabei gäbe es auch Alternativen zu den "Notquartieren", so Babler: In unmittelbarer Umgebung des Lagers stünden Landeseinrichtungen frei, die man sofort aufsperren könnte, um Flüchtlinge unterzubringen.

Zum Vorwurf, es handle sich teilweise um "Wirtschaftsflüchtlinge", sagt Babler: Die EU habe in jenen Regionen, wo die Menschen herkommen, aus wirtschaftlichen Interessen Kriege geführt, deren Folgen nun Menschen zwingen würden, ihr Land zu verlassen. Der Welthandel müsse solidarischer werden, fordert Babler, nur so löse man die Krisen, die diese Fluchtbewegungen verursachten.

Alt-Bürgermeister erbost

Auch der Alt-Bürgermeister von Traiskirchen, Fritz Knotzer, der selbst Mitglied der niederösterreichischen Landesregierung war, hat am Mittwoch auf Versäumnisse der Landesverantwortlichen im Flüchtlingsbereich hingewiesen. Er zürnte dabei seinem Parteikollegen SPÖ-Landesrat Maurice Androsch. "Ich schäme mich für solche Sozialdemokraten."

Wenn der für die Unterbringung von Asylwebern zuständige Landesrat "bei jeder Gelegenheit betont, dass Niederösterreich mit 117 Prozent die Aufteilungsquote erfüllt, rechnet er auch die circa 2.000 Menschen, vielfach Frauen mit Kindern und Minderjährige dazu, die derzeit obdachlos sind und unter schlimmen hygienischen Zuständen leiden", betonte Knotzer in einer Aussendung der Stadtgemeinde. Androschs Aufgabe wäre es, diese Flüchtlinge rasch und unbürokratisch in leer stehenden Objekten wie zum Beispiel in dem ehemaligen Altersheim in Baden-Pfaffstätten oder im Kriegsopferheim im Helenental unterzubringen.

Auch das UNO-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR hatte die Busse wegen der Hitze und der langen Verweildauer beanstandet. Amnesty International kündigte an, kommenden Freitag einen Bericht über die Situation in Traiskirchen veröffentlichen zu wollen. Vertreter der NGO besuchten das Flüchtlingslager vergangenen Donnerstag.

Derzeit 3.600 Menschen im Zentrum

Derzeit befinden sich 3.600 Menschen in Traiskirchen, eingeschlossen jenen Asylwerbern, die neben dem Erstaufnahmezentrum auf dem Siak-Gelände untergebracht sind. Seit dem Aufnahmestopp vorvergangene Woche sank damit die Belegungszahl um rund tausend Personen.

Dass diese Flüchtlinge in Bussen "festgehalten" würden, wie der STANDARD am Dienstag berichtete, wies ein Sprecher des Innenministeriums gegenüber der APA am Mittwoch als "schlicht falsch" zurück. Es würde sich vielmehr um ein Angebot angesichts der Obdachlosigkeit der Menschen in Traiskirchen handeln.

Tausende nach Italien zurückgeschoben

Insgesamt habe Österreich seit Jahresbeginn 2.549 Personen ohne Asylanspruch nach Italien zurückgebracht, berichtete die Tageszeitung "La Stampa" am Mittwoch. Die österreichischen Behörden hingegen verfügen über andere Zahlen. Demnach seien 3.137 Personen (aus dem Amtsbereich der Landespolizeidirektion Tirol) nach Italien zurückgeschoben worden. In diesen Fällen erfolgte zuvor das Ersuchen an und die Zustimmung von Italien, hieß es auf APA-Anfrage.

Bei derartigen Fällen handelt es sich um Personen, die unter die Regeln des bilateralen Vertrages zwischen Italien und Österreich fallen – und nicht um Fälle, die durch die sogenannte Dublin-Verordnung geregelt werden.

Die Richtlinie sieht vor, dass jenes Land für die Flüchtlinge zuständig ist, wo sie erstmals europäischen Boden betreten. Stellen die Schutzsuchenden anderswo in Europa einen Asylantrag können sie von dort in das erste EU-Land zurückgeschoben werden. Darüber, wieviele Flüchtlinge auf Basis der Dublin-Verordnung von Österreich nach Italien zurückgeschoben wurden, hat das Innenministerium nach eigenen Angaben keine Daten.

Österreich zähle mit der Schweiz und Frankreich zu den europäischen Ländern, die am strengsten mit der Abschiebung von Migranten umgehen, schreibt "La Stampa". (red/APA, 12.8.2015)