Ein Drittel des Kinderbetreuungsgeldes für Väter zu reservieren ist ein Anreiz für Eltern, sich die Betreuung gut zu teilen.

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Es ist bezeichnend, dass die Debatte zur Reform des Kinderbetreuungsgeldes die männlichen Gemüter so sehr erregt. Keine Wahlfreiheit mehr, Zwang und Bevormundung: Wessen Wahlfreiheit die lauten Kritiker tatsächlich meinen, geht in der polemischen Klangwolke aber unter.

Keine Wahl

Im europäischen Vergleich wird klar, wie rückschrittlich österreichische Familienpolitik gestaltet ist. Nur knapp über zehn Prozent der unter Dreijährigen werden in Österreich in Kindergärten oder Krippen betreut, wohingegen der OECD-Schnitt bei rund 30 Prozent liegt. Die vielgepriesene Wahlfreiheit ist demnach kaum vorhanden. Denn wenn Betreuungsplätze fehlen, bleibt Müttern keine andere Wahl, als zu Hause zu bleiben.

Ein weiteres Problem ist die fehlende Koppelung des Kinderbetreuungsgeldes an arbeitsrechtliche Regelungen. Dies führt sogar häufig zum Verlust der Anstellung, da die Bezugsdauer nicht mit der arbeitsrechtlichen Dauer der Karenzzeit von 24 Monaten übereinstimmt.

Grund für einen Aufschrei

Die Tatsache, dass Männer nur 4,2 Prozent der Personen ausmachten, die 2014 Kinderbetreuungsgeld bezogen, sollte in diesem Zusammenhang Grund für einen Aufschrei sein. Woher kommt dieser niedrige Wert – trotz der vielbeschworenen großen Bereitschaft? Eine mögliche Antwort: die fehlende Anerkennung von männlicher Karenzzeit, sowohl auf gesellschaftlicher als auch auf betrieblicher Ebene. Diese Hürde kann nur durch Attraktivierung und Bewusstseinsbildung durch den Staat genommen werden.

Bedingungen sind üblich

Sofern es zwei Elternteile gibt, geht die Betreuung des Kindes auch beide etwas an. Ein Drittel des Kinderbetreuungsgeldes für Väter zu reservieren ist ein Anreiz für Eltern, sich die Betreuung in den ersten Jahren gut zu teilen. Wenn ein Elternteil – aus welchen Gründen auch immer – diese Betreuungszeit nicht in Anspruch nimmt, verzichtet er oder sie in diesem Fall auch auf das Geld.

Wie bei allen staatlichen Zuwendungen ist auch das Betreuungsgeld an Bedingungen geknüpft. Auch für einen Fahrtkostenzuschuss muss der Schulweg eine Mindestzahl an Kilometern betragen, und für die Studienbeihilfe muss ein Leistungsnachweis erbracht werden – genauso ist das Betreuungsgeld an die Betreuung durch beide Elternteile gebunden.

Das überstrapazierte Argument vom Mann als dem "Haupternährer der Familie", der sich eine Karenz schlicht nicht leisten könne, sollte mit der Einführung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes 2010 endlich vom Tisch sein. Auch die Ausrede, dass Männer an ihrem Arbeitsplatz unerlässlich seien, weist einen unverkennbaren Genderbias auf. Denn auch viele Frauen verabschieden sich aus einer Leitungsfunktion in die Karenz. (Johanna Reuter, 14.8.2015)