Seit 15 Jahren bietet "Pedal Power" Stadtrundfahrten durch Wien auf dem Fahrrad an. Auch wenn die Distanzen kurz sind, die Stopps häufig, der Straßenbelag mitunter aus Kopfstein und die Zeit viel zu schnell vergeht: Eine praktische Methode ist es allemal, einen Überblick über die Innenstadt zu bekommen.

Dienstag, 10 Uhr am Schillerplatz, bei der Akademie der Bildenden Künste. Fremdenführerin Patricia Grabmayr begleitet heute eine Gruppe aus einer deutsch-amerikanischen Familie und vier jungen Holländerinnen, die mit dem Auto quer durch Europa reisen.

foto: florian bayer

Letztere haben sich schon in Berlin für eine Radrundfahrt entschieden, weil es eine lustige und praktische Methode sei, die Stadt zu entdecken. Nun wollen sie so auch Wien kennen lernen.

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"In Wien zu radeln ist für geübte und nicht so geübte Radfahrer sehr angenehm", heißt es auf der "Pedal Power"-Website. Darüber kann man geteilter Meinung sein, in der Gruppe funktioniert das Radeln aber sehr gut.

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Nur eine gefährliche Situation gibt es, als ein Fiaker in der Nähe der Hofburg seinen Vorrang unbedingt wahrnehmen will und mit Karacho durch die gerade abbiegende Gruppe fährt – und die Gruppe wüst beschimpft: "Aber es ist eh wurscht, ihr verstehts mich ja eh ned".

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Aber das ist eben Wien. Dafür entschädigen die überraschend große Geduld vieler anderer Autofahrer, der mit Prachtbauten gesäumte Heldenplatz und das nach wie vor stabile Wetter.

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"Vom Balkon der Nationalbibliothek sieht man die großen Museen, Parlament und Rathaus", sagt Grabmayr, ...

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... spart dabei aber auch nicht die flammende Rede Hitlers zum Anschluss aus.

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Es geht weiter über den Ring, vorbei an Parlament und Burgtheater, zur Mölker Bastei, schräg gegenüber der Hauptuni. Hier steht das Beethoven-Pasqualatihaus, in dem der Komponist acht Jahre lang lebte – mit Unterbrechungen allerdings, denn "er war mit Sicherheit nicht leicht auszuhalten, übersiedelte insgesamt 18 Mal", wie Grabmayr erzählt.

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Durch die Stadt geht es, stellenweise über Kopfsteinpflaster, weiter zum fast menschenleeren Judenplatz.

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"Das besondere an den Radtouren: Die Leute sind immer gut drauf. Hinterher hat man das Gefühl, etwas getan zu haben", sagt Grabmayr, die ursprünglich Geschichte studiert hatte und neben den Radtouren auch Grätzlrundgänge und Touren zu Fuß, aber auch auf Segways anbietet.

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Wir kommen zum Stephansdom, wo eine kurze Pause eingelegt wird, um einen Blick hineinzuwerfen oder sich eine Stärkung zu kaufen – was die Mitfahrenden gerne auch tun. Währenddessen passt Grabmayr auf die Räder auf.

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Über den Schwedenplatz kommen wir zum Donaukanal – nur ein kurzer Blick auf das Badeschiff ("good place to spend the night")...

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... bevor es weitergeht in den dritten Bezirk zum Hundertwasserhaus.

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Ein Fremdenführer-Kollege am Stephansplatz nannte das Hundertwasserhaus noch "Touristenfalle", doch Grabmayr lässt es bei keiner Tour aus: "Mir gefällt es hier sehr gut, auch die Gruppen betonen immer, wie schön es hier ist."

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Angenehm: Bei der Tour wird nicht von einem Punkt zum nächsten gehetzt, sondern es werden einige sorgfältig ausgewählte Orte angefahren – auch in Abstimmung mit den Mitfahrenden.

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Weil die Holländerinnen die Stadt noch gar nicht kennen und ohnehin am Abend in den Prater und zum Riesenrad wollen, geht es also nochmal in die Innere Stadt, zur heutigen Akademie der Wissenschaften und zur Universitätskirche. Früher stand hier die 1365 gegründete Uni Wien, bevor sie an die Ringstraße übersiedelte.

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Die drei Stunden vergehen sehr schnell, auch weil – glücklicherweise – an den interessanten Stellen immer Pausen eingelegt werden, um einen Blick in besondere Gebäude zu erhaschen: Etwa in die Konditorei Demel, den Stephansdom oder eben das Hundertwasserhaus.

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"Bewegt man sich mit Touristen durch Wien, sieht man die Stadt mit anderen Augen", sagt Grabmayr in einem ruhigen Moment. Schließlich gebe es fast an jeder Orte zu entdecken, die auch viele eingefleischte Wiener noch nicht kennen.

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Letzter Stopp am Karlsplatz, bevor es wieder zurück zur Akademie der Bildenden Künste geht. Bereits am Nachmittag findet die nächste Stadtführung auf zwei Rädern statt.

Die dreistündige Tour kostet übrigens 29 Euro, ein Leihrad (KTM) inklusive. Gefahren wird im Sommer dreimal täglich. (fbay, 28.7.2015)

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